Die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage, angefangen bei den immer noch spürbaren Nachwirkungen der Corona-Pandemie bis hin zu dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, hat zu erheblichen Preissteigerungen in fast allen Wirtschaftssektoren geführt. Der erhebliche Anstieg der Energie-, Lager- und Lohnkosten, Lieferverzögerungen auf Grund von Rohstoffknappheit und Pandemie-Folgen, höhere Containerkosten und die erneute Verschärfung des Mangels an Lkw-Fahrern setzen daher vor allem Unternehmen im Transportsektor unter Druck. Dies führt zu erheblicher Unsicherheit bei Planung und Kalkulation von Rahmenverträgen.

Der Einbau von sogenannten Preisanpassungsklauseln kann hier eine wertvolle Hilfe leisten, um das ursprünglich ausgehandelte Vertragsgefüge aufrecht zu erhalten. Daher möchten wir Ihnen mit diesem Blogbeitrag eine Übersicht über die Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln geben.

Teil 1 dieser Reihe beschäftigt sich mit den gesetzlichen Grundlagen der Preisanpassungsklauseln und ist unter folgendem Link zu finden:

Dieser Teil befasst sich mit dem hinzukommend zur Anwendung gelangenden Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Teil 3 wird sich sodann mit möglichen Referenzindizes, die zur Verwendung im Transportbereich besonders geeignet erscheinen, befassen.

Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff. BGB

Preiserhöhungsklauseln sind als Preisnebenabreden der umfassenden Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB (Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen) unterworfen. Die Regeln des PrKG und die §§ 305 ff. BGB sind unabhängig voneinander zu überprüfen. Daher stellt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKG nicht zwangsläufig einen Verstoß gegen das AGB-Recht dar. Andersherum ist eine Klausel, die unter eine der Ausnahmen vom Verbot des § 1 Abs. 1 PrKG fällt, und damit prinzipiell zulässig ist, nicht automatisch nach den §§ 305 ff. BGB wirksam. Insbesondere §§ 307, 309 Nr. 1 BGB sind unabhängig vom Preisklauselgesetz immer zu prüfen.

Hat allerdings ein Gericht eine Klausel als Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKG rechtkräftig festgestellt, ist die betreffende Vereinbarung in jedem Fall auch nach § 307 Abs. 1 BGB „unangemessen“, da die Verwendung einer unwirksamen Klausel eine Täuschung des Vertragspartners darstellt und keinen Bestand haben kann.

Ausnahme bei Individualvereinbarung

Diesen Ausführungen gelten dann nicht, wenn die Parteien die Preiserhöhungsklausel individualvertraglich vereinbart haben, so dass die §§ 305 ff. BGB gar zur Anwendung gelangen. Die Hürden, die Gerichte an die Klassifizierung einer Klausel als „individualvertraglich“ legen, sind dabei sehr hoch und müssen im Einzelfall sorgsam geprüft und dokumentiert sowie im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung belegt werden.

Geltung des Transparenzprinzips unter Unternehmern

Dabei ist klarzustellen, dass §§ 308, 309 BGB zwar grundsätzlich nicht auf Verträge zwischen Unternehmern anwendbar sind, aber die grundsätzlichen Wertungen dieser Normen in die Auslegung nach § 307 BGB und damit auch auf das Verhältnis zwischen Unternehmern zumindest ausstrahlen.

Preisänderungsklauseln sind auch bei einer Verwendung unter Kaufleuten anwendbar und diese dem sogenannten „Transparenzprinzip“ § 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterworfen. Sie müssen außerdem nach § 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgewogen sein (Interessenabwägung).

Bei der Ausarbeitung der Klausel ist auf Folgendes zu achten:

  • Die Preiserhöhung muss von einem sachlichen Grund abhängen (keine willkürliche, beliebige Festsetzung durch einen Vertragspartner);
  • der Umfang der Erhöhung muss auf das sachlich Gebotene begrenzt sein.

Ansonsten ist die Preisgleitklausel nicht ausgewogen.

Im Einzelnen zu den bei Entwurf einer Preinsanpassungsklausel zu beachtenden Punkten:

Auswahl eines sachlichen Grundes für Kostensteigerungen

Die Preiserhöhung muss an Umstände geknüpft sein, die einen sachlichen Grund für die Preiserhöhung darstellen. Sachliche Gründe sind nicht mit hinreichender Bestimmtheit vorhersehbare, tatsächlich erst nachträglich (nach Vertragsschluss) eintretende Kostensteigerungen, die das ursprünglich ausgehandelte wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen Leistung (Transport oder Lagerung) und Gegenleistung (Frachtkosten oder Lagerkosten) aus der Waage bringen. Beispiele sind steigende Dieselkosten, erhöhte Miet- und/oder Heizkosten der genutzten Lagerhalle, steigende Personalkosten etc.

Dabei ist darauf zu achten, dass über diese Klausel keine versteckte Änderung des ursprünglichen wirtschaftlichen Gleichgewichts eingeführt wird, also eine Vertragspartei Vorteile zieht, die ihr nach dem ursprünglich vereinbarten Vertrag nicht zustehen. Es darf also über eine solche Klausel nicht über die Hintertür eine Gewinnerhöhung einer Partei eingeführt werden.

Umstände, die bei Vertragsschluss mit Bestimmtheit vorhersehbar sind, müssen sofort in die Vertragsverhandlungen und die Preisvereinbarung einfließen und sind damit Bestandteil der Preishauptabrede. Solche Umstände können nicht über Preisgleitklauseln gelöst werden.

Vergleichbarkeit des gewählten Wertmaßstabs bei Spannungsklauseln

Bei Spannungs- und Kostenelementeklauseln ist darauf zu achten, dass sich die als „vergleichbar“ herangezogenen Werte nach realistischer Prognose in ähnlicher Weise entwickeln werden wie die Preise bzw. Kosten der vertraglichen Leistungen, die angelehnt an den Vergleichswert erhöht werden sollen. Laufen die beiden Werte auseinander, ist eine Anlehnung an den letztlich dann doch nicht vergleichbaren Wert sachlich nicht gerechtfertigt.

Beidseitigkeit der Klausel/Risikoverteilung

Die Klausel muss die Risiken der Preisschwankungen gleichmäßig verteilen. Preissteigerungen und Preissenkungen sollen gleichmäßig beide Vertragspartner treffen. Sieht die Klausel lediglich eine Kostensteigerung im Falle einer Erhöhung des relevanten Index bzw. der herangezogenen vergleichbaren Werte vor, aber keine Absenkung der Preise für den Fall, dass die Kosten sinken, ist die Klausel nicht ausgewogen und „unangemessen benachteiligend“.

Begrenztheit der möglichen Preiserhöhung

Die Preiserhöhung muss in sachlicher Weise begrenzt sein. Bei einem sachlichen Grund (wie z.B. Anstieg der für die Ausführung der Transportleistung erforderlichen Energie) ist in der Regel die Begrenzung der Preissteigerung bereits im sachlichen Grund selbst enthalten. Eine Erhöhung der vertraglich vereinbarten Preise erfolgt nur insoweit, wie Kostenerhöhungen (Energie, Lohnkosten, Materialkosten etc.) tatsächlich beim Dienstleister zu Buche schlagen. Die von dem Klauselverwender weitergereichten zusätzlichen Kosten sind also tatsächlich auf die Kostenerhöhung begrenzt. 

Rücktrittsrecht bei erheblichen Preissteigerungen

Streitig und höchstrichterlich noch ungeklärt ist, ob die Preisanpassungsklausel ab einer bestimmten erheblichen Preissteigerung ein Rücktrittsrecht des anderen Vertragspartners vorsehen muss, damit die Klausel „angemessen“ bleibt. Schwierig ist in solchen Fällen bereits die Festlegung, ab welcher Grenze die Parteien eine Preiserhöhung als erheblich einstufen. Angesichts der aktuell in einigen Sektoren ungewöhnlich schnellen Preisentwicklung sind Prognosen schwieriger und unsicherer geworden.  Dies sind letztlich betriebswirtschaftliche Entscheidungen, die Unternehmer als Klauselverwender intern abzuklären haben. Eine allgemeine Obergrenze ist nicht zu ziehen. Die in der Literatur in Anlehnung an das Pauschalreiserecht (§ 651g BGB) oft genannte Grenze von 8 % Preiserhöhung kann angesichts der jüngeren teils dramatischen Preisentwicklung nicht mehr ohne weiteres als gedankliche Stütze dienen.  Ganz abgesehen davon, dass die Vergleichbarkeit zwischen dem Pauschalreiserecht und dem Transport- und Logistiksektor sowieso mehr als fraglich ist.   

Wichtiger als ein vertragliches Rücktrittsrecht ist wohl, dass die Klausel an sich ausgewogen und transparent ist, denn eine unwirksame Regelung wäre auch durch die Einräumung eines Rücktrittsrechts nicht zu retten.

Mit der Welt teilen