Die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage, angefangen bei den immer noch spürbaren Nachwirkungen der Corona-Pandemie bis hin zu dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, hat zu erheblichen Preissteigerungen in fast allen Wirtschaftssektoren geführt. Dabei ist vor allem der Transportsektor betroffen. Der erhebliche Anstieg der Energie-, Lager- und Lohnkosten, Lieferverzögerungen auf Grund von Rohstoffknappheit und Pandemie-Folgen, höhere Containerkosten und die erneute Verschärfung des Mangels an Lkw-Fahrern setzen daher vor allem Unternehmen im Transportsektor unter Druck. Dies führt zu erheblicher Unsicherheit bei Planung und Kalkulation von Rahmenverträgen.

Der Einbau von sogenannten Preisanpassungsklauseln kann hier eine wertvolle Hilfe leisten, um das ursprünglich ausgehandelte Vertragsgefüge aufrecht zu erhalten. Daher möchten wir Ihnen mit diesem Blogbeitrag eine Übersicht über die Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln geben. Dieser erste Teil beschäftigt sich mit den gesetzlichen Grundlagen der Preisanpassungsklauseln. Der zweite Teil wird sich mit dem ebenfalls zur Anwendung gelangenden Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen befassen. Teil drei befasst sich sodann mit möglichen Referenzindizes, die zur Verwendung im Transportbereich besonders geeignet erscheinen.

Wer profitiert von Preisanpassungsklauseln?

Grundsätzlich sind Preisanpassungsklauseln im Interesse beider Vertragspartner. Wenn die wirtschaftliche Lage große Planungsunsicherheiten auslöst, versuchen Unternehmen hohe Risikoaufschläge bei ihren Vertragspartnern durchzusetzen. Mögliche zukünftige Kostensteigerungen werden hier vorsorglich schon bei Vertragsbeginn einkalkuliert, was den Preis für die Transportleistung unnötig und künstlich nach oben treibt. Kann ein Unternehmen solche erhöhten Risikozuschläge nicht durchsetzen, läuft es Gefahr, sich zu verkalkulieren und schlimmstenfalls in eine wirtschaftlich bedrohliche Lage zu geraten. Ist aber eine angemessene Preiserhöhung auch im laufenden Vertrag möglich, sinkt das Risiko der Fehlkalkulation. Die Last zukünftiger Kostensteigerungen wird auf beide Vertragspartner verteilt und die Frachtpreise können der tatsächlichen aktuellen Situation entsprechend niedriger veranschlagt werden.

Gesetzliche Grundlagen für Preisanpassungsklauseln

Seit dem 14. September 2007 gilt das Preisklauselgesetz (PrKG), zuletzt geändert im Juli 2009. Danach gilt grundsätzlich ein Indexierungsverbot, welches Preisanpassungsklauseln grundsätzlich erst einmal verbietet. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen von diesem Verbot. Diese sind im PrKG aufgelistet und legaldefiniert. Das früher erforderliche behördliche Genehmigungsverfahren für Preisklauseln hat das PrKG nicht übernommen; es existiert entsprechend nicht mehr.

Neben dem PrKG sind immer auch die Vorgaben des BGB zur Regulierung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff BGB zu beachten, denn diese Regelungen bleiben neben dem PrKG anwendbar. Hier ist vor allem an das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu denken (siehe hierzu Teil 2 dieser Reihe).

Preisklauselgesetz (PrKG)

Nach § 1 Abs. 1 PrKG sind Preisanpassungsklauseln grundsätzlich unzulässig, wenn die in Abhängigkeit gestellten Güter oder Leistungen nicht vergleichbar sind: „Der Betrag von Geldschulden darf nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind“.

Von diesem Verbot sind aber in § 1 Abs. 2 PrKG folgende Klauseln grundsätzlich ausgenommen:

  • Leistungsvorbehaltsklausel
  • Spannungsklauseln
  • Kostenelementeklauseln
  • Ermäßigungsklauseln

Leistungsvorbehaltsklauseln (oder Preisvorbehaltsklauseln)

Diese Klauseln sehen vor, dass bei Änderung bestimmter externer Faktoren die Parteien für den Umfang der Änderung des bislang geschuldeten Betrages einen Ermessensspielraum lassen, innerhalb dessen eine Partei oder ein Dritter die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen bestimmt. Das Recht zur Bestimmung der Leistung ist in den §§ 315 ff. BGB geregelt. Die Leistungsbestimmung kann also entweder einer Partei nach §§ 315, 316 BGB oder aber auch einem Dritten (Schiedsgutachter, Sachverständiger) nach §§ 317 ff. BGB überlassen werden. Wichtig ist, dass ein Spielraum festgelegt ist, der durch die neue Vereinbarung oder durch die neue Bestimmung erst ausgefüllt wird. Es erfolgt also keine automatische Anpassung. Diese muss ausdrücklich der anderen Partei erklärt werden

Beispiel: „Bei Veränderung der Lohnkosten um 10%, sind die Frachtkosten, in welchen die Personalkosten X % des Gesamtfrachtpreises ausmachen, anzupassen. Der Frachtführer erklärt eine notwendige Frachtkostenerhöhung schriftlich und legt die neuen Preise gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen fest. Diese gelten ab dem ersten Tag des auf die ausdrückliche Erklärung folgenden Monats“.

Abgrenzung zu Verhandlungsklauseln

Natürlich ist es auch möglich, dass die Parteien vereinbaren, dass bei einer wesentlichen Veränderung externer Faktoren die Parteien neue Preise verhandeln, ohne dass (wie häufig zu lesen) festgelegt wird, was im Falle einer Nichteinigung passieren soll. Dies sind reine „good will“ Klauseln, die die Parteien zu nichts – außer einer Verhandlung – verpflichten.  Einigen sich die Parteien in einem solchen Falle nicht, ist eine Vertragsanpassung einseitig nicht möglich, auch nicht mit Rückgriff auf §§ 315 ff BGB. Diese Klauseln sind keine „Leistungsvorbehaltsklauseln“, da sie gar keinen Ermessensspielraum festlegen, sondern die Neubestimmung der Preise komplett zukünftigen Verhandlungen überlassen. Solche Klauseln fallen nach der hier vertretenen Auffassung gar nicht unter die Definition „Preisgleitklausel“.

Sie haben, wenn sie – wie oft – keine Modalitäten der Verhandlung und keine Konsequenz des vertraglichen Scheiterns vorsehen, keinen erheblichen Mehrwert. Es wird hier im Zweifelsfalle so gut wie unmöglich sein, über eine Hilfskonstruktion von „Treu und Glauben“ zu eventuellen Leistungsverweigerungsrechten zu kommen. Solche Klauseln sind nur dann überhaupt die Mühe wert, wenn zumindest einige Modalitäten der Verhandlungen (Festlegung, was als „wesentlich“ gilt, Intensität und Dauer der Verhandlungen, hierarchische Ebene der Verhandlungspartner) sowie die Konsequenzen eines Scheiterns der Nachverhandlungen im Voraus vereinbart werden.

Spannungsklauseln (Gleitklauseln)

Dies sind Klauseln, welche die Preise für Güter oder Leistungen proportional zu der Veränderung eines anderen, im Vorhinein festgelegten Wertmaßstabs insgesamt erhöhen. Der von den Parteien festgelegte Wertemaßstab lehnt sich dabei an Leistungen bzw. Güter an, die im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind. Vergleichbar ist, was „nach der Verkehrsanschauung“ als vergleichbar angesehen wird. Hier ist im Gegensatz zu den oben erläuterten Leistungsvorbehaltsklauseln kein Ermessensspielraum vorgesehen. Die Anpassung der vertraglich vereinbarten Preise erfolgt vielmehr automatisch, sobald der Vergleichswert um eine bestimmte Prozentzahl angestiegen oder abgesunken ist.

Grundsätzlich sind Spannungsklauseln praktischer als Leistungsvorbehaltsklauseln: Sie sind von keiner zusätzlichen Bewertung und Einschätzung der Preisveränderung durch eine Person abhängig, müssen zur Wirksamkeit nicht extra erklärt werden, so dass die Zugangsproblematik entfällt. Vielmehr tritt die Preisangleichung automatisch mit Änderung des Indexes ein, an den die Klausel angelehnt ist. Der Vertrag muss festlegen, ab wann eine solche Veränderung jeweils wirksam und auf die Vertragspreise angewandt werden soll.

Die Herausforderung besteht hier vor allem darin, einen geeigneten Index zu finden (siehe hierzu Teil 3 dieser Reihe), der während der gesamten voraussichtlichen Vertragslaufzeit fortlaufend aktualisiert und veröffentlicht wird. Außerdem muss die Vergleichbarkeit mit den vertraglichen Dienstleistungen oder Waren bestehen, und es muss hinreichend bestimmt werden, welche Preisbestandteile erhöht werden. Dazu muss sehr genau geprüft werden, welche Elemente im jeweiligen Index enthalten sind, und ob diese den eigenen Dienstleistungen entsprechen.

Beispiel: „Die allgemeinen Kosten sind an den allgemeinen Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes angekoppelt, und werden entsprechend dem Verlauf des Verbraucherpreisindexes jeweils zum 01. Januar des Folgejahres entsprechend angepasst.

Kostenelementeklauseln

Dies sind Klauseln, nach denen der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen.

Der geschuldete Betrag ist auch hier – wie bei den Spannungsklauseln – proportional an die Entwicklung eines bestimmten Index angebunden, und folgt den Änderungen des gewählten Indexes automatisch ohne Einräumung eines Ermessensspielraums. Im Unterschied zu Spannungsklauseln betrifft der Index aber nur ein einzelnes Element (z.B. Personalkosten oder Heizkosten) des Gesamtpreises, der sich regelmäßig aus mehreren Kostenelementen zusammensetzten wird. Die Preisveränderung trifft aber nicht den Gesamtpreis, sondern nur das Element, dessen angekoppelter Index sich verändert hat. Der Gesamtpreis wird daher nur proportional zum Anteil des Kostenelementes am Gesamtpreis erhöht.

Beispiel: „Die Frachtkosten setzten sich zu X % aus Personalkosten, Y % aus Energiekosten und Z % allgemeinen Kosten zusammen. Die Personalkosten sind an den jeweils relevanten gültigen Tarifvertrag und das deutsche Mindestlohn-Gesetz (MiLoG) angelehnt. Die Lohn- und Gehaltssteigerungen werden ab dem Zeitpunkt der Tarifänderung bzw. der anzuwendenden Erhöhung des MiLoG berücksichtigt. Eventuelle Veränderungen werden proportional (X % des Gesamtpreises) im Gesamtpreis berücksichtigt und erhöhen die Frachtkosten proportional.  Die neuen Preise gelten jeweils ab dem Zeitpunkt der Gültigkeit der Tarifvertragsänderung bzw. der Gültigkeit des erhöhten Mindestlohns“.

Praktisch ist an den Kostenelementeklauseln die automatische Erhöhung des einzelnen Elementes, welches an einen (geeigneten) Index angebunden ist. Die Herausforderung besteht hier nicht nur darin, einen geeigneten Index zu finden, sondern auch in der Notwendigkeit, dem Vertragspartner die interne Kalkulationsgrundlage soweit offenlegen zu müssen, dass der Anteil der Kosten des betreffenden Elementes nachvollziehbar ist. Das kann in der Praxis eine unüberwindliche Hürde sein, wenn die Preiskalkulation nicht offengelegt werden kann oder soll.

Im Rahmen der Kostenelementeklauseln kommt in erhöhtem Maße die Prüfung nach §§ 305 ff. BGB (Transparenzgebot) zum Tragen (siehe hierzu Teil 2 dieser Reihe).

Ermäßigungsklauseln

Darunter fallen alle Klauseln, die lediglich eine Ermäßigung der Geldschuld vorsehen. Es ist jedoch zu beachten, dass trotz der generellen Ausnahme vom Verbot des § 1 Abs. 1 PrKG solche Ermäßigungsklauseln immer dann unzulässig sind, wenn die in Abhängigkeit gestellten Güter oder Leistungen nicht vergleichbar sind. In einem solchen Falle greift wieder das generelle Verbot des § 1 Abs. 1 PrKG.

Grundsätzlich gilt für alle nach § 1 Abs. 2 PrKG erlaubten Klauseln, dass diese nicht gegen § 1 Abs. 1 PrKG verstoßen dürfen. Die in Abhängigkeit gestellten Güter oder Leistungen müssen immer vergleichbar sein und einen inneren Bezug zu den zu erhöhenden Werten haben.

Dabei ist zu beachten, dass nach § 1 PrKG angreifbare Klauseln nicht ohne weiteres unwirksam sind. Nach § 8 PrKG tritt die Unwirksamkeit erst dann ein, wenn ein Gericht den Verstoß rechtskräftig festgestellt hat. Dies ist eine gesetzliche Ausnahme zu § 134 BGB: Nach § 134 BGB sind Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (hier § 1 Abs. 1 PrKG) zwar grundsätzlich nichtig, dies gilt aber nur, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Eine solche andere Regel stellt § 8 PrKG dar. Der Vertragspartner, der die Unwirksamkeit einer vereinbarten Preisklausel geltend machen will, müsste die Unwirksamkeit also zunächst vor einem Zivilgericht feststellen lassen.

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