31.08.2022

Wo liegt der „Bestimmungsflughafen“ nach dem Übereinkommen von Montreal?

Sachverhalt

Die Klägerin buchte online einen Flug von Hahn, Deutschland, nach Neapel, Italien, und nach vier Tagen in Neapel zurück. Nach dem ersten Flug behauptete behauptete sie, dass ihr Gepäck beschädigt worden sei. Nach ihrer Rückkehr reichte sie eine Klage beim Amtsgericht Simmern (Gerichtsstand am Abflughafen) ein, mit der sie eine Entschädigung nach dem Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (das Übereinkommen von Montreal) beantragte.

Das Amtsgericht Simmern wies die Klage als unzulässig ab. Der Kläger legte Berufung beim Landgericht Bad Kreuznach ein, das die Klage ebenfalls abwies, aber eine weitere Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zuließ.

Entscheidung

Die letzte Revision hatte Erfolg. Nach Artikel 33 Absatz 1 des Montrealer Übereinkommens ist das Gericht des Abflughafens international zuständig. Der Flughafen Hahn ist sowohl als Abflug- als auch als Zielflughafen anzusehen, da die Flüge in einem Buchungsvorgang zusammen gebucht wurden.

Neapel war aus Sicht des BGH nur ein Ort der Zwischenlandung (vgl. Art. 1 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens). Besteht eine Luftbeförderung aus mehreren Teilflügen, so gilt sie als eine einzige Beförderung, wenn sie von den Parteien als eine einzige Leistung vereinbart wurde. Dies gilt auch dann, wenn die verschiedenen Teilstrecken von mehreren aufeinanderfolgenden Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden. Der endgültige Bestimmungsort einer solchen aufeinanderfolgenden Beförderung ist der Ort der vertraglich vereinbarten letzten Landung.

Darüber hinaus stützt sich der BGH auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der Hin- und Rückflug eine einheitliche Beförderung im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 des Montrealer Übereinkommens darstellen können.

Anmerkung

Die Entscheidung des BGH dürfte im Einklang mit der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung zur EU-Flugentschädigungsverordnung stehen, die ebenfalls zu einem Gerichtsstand am Bestimmungsflughafen führt, indem eine gesetzliche Fiktion verwendet wird, wonach der Abflughafen als Erfüllungsort gilt. Diese Auslegung ist fragwürdig, weil der Fluggast zu diesem Zeitpunkt mehr als die erbrachten Leistungen erwarten würde.

Die Auslegung des BGH ist jedoch nicht überzeugend. Im vorliegenden Fall lag zwischen den beiden Flügen ein relativ kurzer Zeitraum. Hätte der Reisende jedoch einen Hinflug und einen Rückflug nach einem längeren Auslandsaufenthalt (z.B. ein Student, der ein Semester im Ausland verbringt) in einem Vorgang gebucht, würde ein solcher Aufenthalt nicht als „Zwischenstopp“ definiert werden.

Der Begriff Zwischenlandung könnte auch anders ausgelegt werden: Er könnte sich auf Fälle erstrecken, in denen ein Flugzeug landet, die Passagiere aber an Bord bleiben an Bord bleiben und das Flugzeug nicht verlassen (z. B. zum Auftanken).

Den Artikel im Original können Sie hier lesen.

Autor: Carsten Vyvers