07.04.2022

OLG Schleswig-Holstein zur Bereichsausnahme Rettungsdienst – „Bestätigung zwischen den Zeilen“

Wie bereits berichtet, hatte sich die Vergabekammer Schleswig-Holstein im Rahmen einer Beschwerde über die Kosten für ein Nachprüfungsverfahren mit der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme für den Rettungsdienst auseinandergesetzt (Beschl. v. 09.02.2022 – VK SH 13/21). Die Vergabekammer hatte hierbei festgestellt, dass der Nachprüfungsantrag nach summarischer Prüfung keine Aussichten auf Erfolg habe, da die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB einschlägig sei. In der Folge sei der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht eröffnet, der Antrag damit unzulässig, sodass die Kosten gegeneinander aufgehoben würden.

Gegen diese Kostenentscheidung legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Diese wurde nun vom OLG Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 28.03.2022 zurückgewiesen (vgl. Beschl. v. 28.03.2022 – 54 Verg 1/22). Das OLG hielt die Kostenentscheidung der Vergabekammer für sachgerecht und stellte hierbei fest:

 „Nicht zu beanstanden ist die Annahme, dass die Antragstellerinnen voraussichtlich unterlegen wären, weil der Nachprüfungsantrag unzulässig war.“

Das OLG führt weiter aus, dass sich die Ausschreibung an gemeinnützige Organisationen im Sinne von § 52 Abgabenordnung wendete, sodass der 4. Teil des GWB wegen Eingreifens der Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB unanwendbar sei. Fraglich sei lediglich, wie der Begriff der gemeinnützigen Organisationen auszulegen sei. Die Europarechtswidrigkeit des letzten Halbsatzes des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB stünde einer Anwendung nicht entgegen, da das Tatbestandsmerkmal der gemeinnützigen Organisation im Wege einer europarechtskonformen Auslegung der Norm zu ermitteln sei. Durch den Rückgriff des § 5 Abs. 1 SHRDG auf § 52 Abgabenordung sei sichergestellt, dass Organisationen ohne Erwerbsinteresse erfasst würden. Der Rückgriff auf § 52 Abgabenordnung betreffe zudem nur die Definition der Gemeinnützigkeit und würde in der Folge nicht dazu führen, dass nur nach deutschem Steuerrecht anerkannte, gemeinnützige Organisationen an dem Vergabeverfahren teilnehmen dürften, sodass auch kein Raum für eine unzulässige Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bestehe.

Trotz dieser klaren Aussagen relativiert das OLG seine überzeugenden Feststellungen dann leider dahingehend, dass der Ausgang des Verfahrens „zumindest offen“ gewesen wäre und hält in der Folge an der gegenseitigen Aufhebung der Kosten fest.

Somit besteht ein weiterer Schritt in Richtung Rechtssicherheit bei der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Bereichsausnahme Rettungsdienst in Schleswig-Holstein. Sicherlich wäre ein klareres Bekenntnis für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme im Sinne der Rechtssicherheit wünschenswert gewesen. Dass das OLG diesen klaren Schritt im Rahmen einer Kostenbeschwerde, bei welcher der Sach- und Streitstand lediglich summarisch geprüft wird, nicht bis zum Ende gegangen ist, ist jedoch verständlich.

Autoren: Daniel Bens, Rechtsanwalt, Partner und Martina Hadasch, Rechtsanwältin, Counsel