16.05.2022

NFTs – Kein Business im rechtsfreien Raum!?

NFTs waren mit über 13 Mrd. Dollar Handelsvolumen der Boom-Markt des vergangenen Jahres, der auch im deutschen Sport-Business zunehmend Fahrt aufnimmt. Bei „Fanzone“ können Fans der deutschen Olympiamannschaft NFT-Sammelbilder ihrer Idole erwerben, mit „Sorare“ ist ein NFT-Unternehmen offizieller Partner der Bundesliga, internationale Marken wie Nike und Adidas vertreiben mithilfe von NFTs digitale Lifestyle-Produkte im „Metaverse“. Doch womit genau wird da eigentlich gehandelt? Die technische Umsetzung, die einen (digitalen) Inhalt mit einem „non-fungible“, also nicht austauschbaren Token verknüpft, ist die eine Seite – doch wie sind NFTs rechtlich zu bewerten? Welche Rechte hat der Käufer „zima blue“ erworben, als er für die 1 of 1 (unique) Sorare-Card von Erling Haaland ca. 610.000,00 EUR bezahlt hat? Wer profitiert (berechtigterweise) bei einem Weiterverkauf der wertvollen Karte auf dem Zweitmarkt (nur „zima blue“, oder auch Erling Haaland, der BVB, die Deutsche Fußball Liga, Sorare und/oder vielleicht auch sein neuer Club ManCity)? Und kann Erling Haaland eigentlich verhindern, dass inzwischen unzählige unlizenzierte Fake-Produkte, die seine Persönlichkeitsrechte verletzen, über den gängigsten Marktplatz für NFT-Produkte (OpenSea.io) vertrieben werden? Empfiehlt sich hier ein Vorgehen gegen die „NFT-Minter“ oder gegen die Plattform OpenSea?

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der typischen Rechtsfragen rund um NFTs. Die gute Antwort ist: das kodifizierte deutsche Recht kennt zwar (noch) keine NFTs, das muss es aber auch nicht, denn die bekannten juristischen Grundsätze lassen sich in vielen Fällen auf NFTs übertragen, sodass es tatsächlich bereits heute verlässliche Antworten auf eine Vielzahl wesentlicher Fragestellungen gibt. Daraus folgt: Herstellung von und Handel mit NFTs erfolgen nicht im rechtsfreien Raum. Auch beim Vertrieb von NFT-Produkten sind beispielsweise Persönlichkeitsrechte, Marken- und Urheberrechte zu beachten.

Zunehmend beschäftigen NFTs auch die Gerichte, was sicher dazu beitragen wird, einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für NFT-Produkte zu schaffen. Dapper Labs, das Unternehmen hinter dem erfolgreichen NFT-Projekt „NBA Top Shot“, verteidigt sich beispielsweise aktuell vor dem Supreme Court von New York gegen eine Sammelklage, die Antworten liefern wird auf die Frage, ob NFTs (nach US-Recht) erlaubnispflichtige Wertpapiere sein können (Friel v Dapper Labs). In Miramax LLC v Quentin Tarantino wird der mit der Sache befasste Central District Court in Kalifornien darüber befinden, ob Quentin Tarantino dazu berechtigt war, u.a. sein handschriftlich verfasstes Pulp Fiction-Skript als NFT zu vermarkten, oder ob diese Verwertung die IP-Rechte des Filmstudios (Miramax) verletzt. Die US Hip-Hop-Größen Jay-Z und Dash, Mitbegründer des Musiklabels Roc-a-Fella Records, streiten sich über NFT-Verwertungsrechte an Jay-Z’s Debutalbum Resonable Doubt. Jay-Z und Roc-A-Fella Records konnten hier zuletzt mit einer einstweiligen Verfügung einen Etappensieg erzielen, die es Dash untersagt, das Album als NFT zu verkaufen.

Vor wenigen Tagen ist sodann eine erste wegweisende Entscheidung des UK High Court ergangen, wonach NFTs „property“, also (jedenfalls nach UK-Recht) eigentumsfähig sind, und damit auch entsprechenden rechtlichen Schutz genießen (Lavinia Deborah Osbourne v (1) Persons Unknown (2) Ozone Networks Inc Trading as Opensea). Werden Krypto-Wallets, wie in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall, gehackt, NFTs dabei entwendet und von Unberechtigten auf Handelsplattformen wie OpenSea vertrieben, können die rechtmäßigen „Eigentümer“ dann auch von der Plattform verlangen, den Handel einzustellen und alle verfügbaren Informationen zu den Personen herauszugeben, die illegalen Handel mit den fraglichen NFTs betreiben – wie bei sonstigen Eigentumsverletzungen üblich.

Die bislang bekannten Gerichtsprozesse betreffen zwar allesamt ausländische Verfahren. Aus ihnen können dennoch wertvolle Erkenntnisse auch für das deutsche Recht und den deutschen Markt für NFT-Produkte gewonnen werden. So dürfte bei Anwendung der einschlägigen Rechtsgrundsätze auch nach deutschem Recht gelten, dass NFTs eigentumsfähig sind, und dass Rechte an dem digitalen Produkt „NFT“ von Rechten an den mit dem NFT verknüpften Inhalten unterschieden werden müssen. Wer NFT-Produkte in den Markt bringt, sollte dennoch unbedingt vertraglich (idR mittels AGB) festlegen, welche Rechte woran genau und zu welchem Zweck erworben werden können. Außerdem ist eine vertragliche Regelung zum Umgang mit Umsatzbeteiligungen bei Zweitmarktverkäufen dringend anzuraten. Die revolutionären „Smart Contracts“ ermöglichen zwar in technischer Hinsicht eine automatische Umsatzbeteiligung. Rechtlich ist dennoch sicherzustellen, dass die erzielten Erlöse der richtigen Partei auch rechtmäßig zufließen, und von ihr behalten werden dürfen. Auch die effektive Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte ist im NFT-Kontext nicht ganz trivial. Die hohe Anonymität der Krypto-Welt, die von einigen als wesentlicher Vorteil gepriesen wird, führt bei rechtsverletzenden NFT-Produkten, die online zum Verkauf angeboten werden, zu Problemen bei der Rechtsverfolgung. Dennoch bietet das deutsche Rechtssystem auch hier Möglichkeiten, sodass allen Beteiligten zu raten ist, konsequent gegen rechtsverletzende Inhalte vorzugehen.

ASD Sports beschäftigt sich bereits seit über 2 Jahren mit den rechtlichen Fragestellungen rund um NFTs und verfügt über tiefgreifende Erfahrung im Umgang mit technischen und rechtlichen Entwicklungen in diesem Bereich. Bei Bedarf beraten wir Sie hierzu gerne. Mit dem notwendigen technischen Verständnis für die zugrundeliegende Technologie und entsprechenden Rechtskenntnissen, können Fallstricke vermieden und die Potentiale der NFTs rechtssicher ausgeschöpft werden.

PS: In unserer ASD ExeQtive Lounge | NFT – Rechtsfragen im rechtsfreien Raum (https://www.youtube.com/watch?v=vppzARcDgCs) haben wir bereits weitere rechtliche Aspekte rund um NFTs beleuchtet und spannende NFT-Use-Cases diskutiert.

Außerdem hat sich David Stadtfeld in einem in der aktuellen Ausgabe der „SpuRt“ erschienenen Beitrag eingehend mit rechtlichen Herausforderungen bei der Vermarktung von NFT-Lizenzprodukten auseinandergesetzt (SpuRt 2022, 146 ff.).

Autoren: Dr. Thomas C. Körber, Thomas Wassenhoven und Dr. David Stadtfeld
Rechtsanwälte bei ARNECKE SIBETH DABELSTEIN / ASD | Sports