Auslistungsanspruch nach DSGVO: Abwägung der Grundrechte bei juristischen Datenbanken und Suchmaschinen OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2023 – I-16 U 127/22
In einem jüngsten Urteil des OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2023 – I-16 U 127/22 wurde erneut betont, dass der Auslistungsanspruch eines Betroffenen nach Art. 17 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht uneingeschränkt gilt. Dieser Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten kann ausgeschlossen sein, wenn die Datenverarbeitung durch die verantwortliche Stelle – in diesem Fall die juristische Datenbank und Suchmaschine „dejure.org“ – im Einklang mit Art. 17 Abs. 3 Buchst. a) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) und Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO notwendig ist, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information auszuüben.
Das Urteil unterstreicht, dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten im Kontext seiner gesellschaftlichen Funktion betrachtet werden muss und in einem ausgewogenen Verhältnis zu anderen Grundrechten stehen sollte. Diese Abwägung der widerstreitenden Grundrechte sollte auf Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der Betroffenen, der verantwortlichen Stelle, der Interessen der Nutzer und der Öffentlichkeit sowie der Grundrechte der Anbieter der in den Suchergebnissen (z. B. einer juristischen Suchmaschine oder Datenbank) nachgewiesenen Inhalte erfolgen.
Es ist daher eine umfassende und einheitliche Gesamtabwägung, die alle im Streitfall relevanten Einzelaspekte berücksichtigt, erforderlich. Diese Abwägung erfolgt anhand der Grundrechte, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Auf Seiten des Klägers sind hierbei insbesondere Art. 7 und Art. 8 der Charta relevant, während auf Seiten der Beklagten Art. 16 der Charta eine Rolle spielt.
Die Entscheidung berücksichtigt die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH verdeutlicht die Bedeutung der Abwägung von Grundrechten im Kontext des Auslistungsanspruchs nach der DSGVO und hat somit weitreichende Auswirkungen auf die Praxis von juristischen Datenbanken und Suchmaschinen, wenn es um den Schutz personenbezogener Daten und die Meinungsfreiheit geht. Rechtsanwälte und Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten, sollten diese Rechtsprechung bei ihren Aktivitäten berücksichtigen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten, um die Interessen ihrer Mandanten zu verteidigen.
Autor: Thomas Hertl