Keine wirksame Berufung auf Haftungsbegrenzungen nach ADSp 2017, § 431 HGB, Art. 23 CMR

Wenn eine Sendung während des Transportes in Verlust gerät, berufen sich Frachtführer bzw. Spediteur meist auf Haftungsbegrenzungen, die nur einen geringen Teil des eingetretenen Schadens abdecken. Die Haftungsbegrenzung auf 8,33 Sonderziehungsrechte pro Kilogramm ergibt sich aus den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp 2017), § 431 HGB oder Art. 23 CMR.

Als Anspruchsteller ist es wichtig zu wissen, dass im deutschen Recht die Haftungsbegrenzung im Falle eines qualifizierten Verschuldens nach § 435 HGB bzw. Art. 29 CMR durchbrochen werden kann.

Qualifiziertes Verschulden nach § 435 HGB und Art. 29 CMR

Nach § 435 HGB –  und Art. 29 CMR – gelten die Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder seine Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Nach dem Wortlaut erscheint es für Anspruchsteller zunächst schwierig, den Nachweis zu führen, dass der Verlust auf einem vorsätzlichen Verhalten oder auf bewusster Leichtfertigkeit beruht. Dies ist in Deutschland allerdings relativ einfach möglich im Vergleich zu anderen Ländern. Hintergrund ist die ständige Rechtsprechung zur sekundären Darlegungsobliegenheit des Frachtführers bzw. Spediteurs.

Der Bundesgerichtshof führt an, dass der Anspruchsteller keinen Einblick in den Organisationsbereich des Frachtführers bzw. Spediteurs hat. Aus diesem Grund kann der Anspruchsteller nicht ermitteln, ob dem Frachtführer bzw. Spediteur ein qualifiziertes Verschulden vorgeworfen werden kann. Allein der Frachtführer bzw. Spediteur kann aus seinem Organisationsbereich oder aus dem Organisationsbereich der Unter-/Subfrachtführer vortragen, insbesondere wie die Sendung konkret behandelt wurde, wie es zu dem Verlust kommen konnte und welche Maßnahmen zur Verhinderung des Verlustes (insb. Schnittstellenkontrollen) und zum Wiederauffinden der Sendung getroffen wurden.

Die Rechtsprechung überträgt die Darlegungslast vom Anspruchsteller auf den Frachtführer bzw. Spediteur. Solange der Frachtführer bzw. Spediteur nicht seiner Darlegungsobliegenheit umfassend nachgekommen ist, wird ein qualifiziertes Verschulden und damit eine volle Haftung vermutet. Dies fällt Frachtführern bzw. Spediteuren oft schwer, insbesondere wenn Unterfrachtführer keine Auskünfte geben. Dies führt dann meist dazu, dass der Frachtführer bzw. Spediteur für den vollen eingetretenen Schaden ersatzpflichtig gehalten werden kann, notfalls in einem Rechtsstreit.

Regresse Transportrecht und Speditionsrecht, Gerichtsstand Deutschland

Da die deutsche Rechtsprechung in dieser Hinsicht vorteilhaft für Absender und Ladungsinteressenten ist, wird gerade bei internationalen Transporten bevorzugt ein Klageverfahren gegen den – auch ausländischen – Frachtführer bzw. Spediteur in Deutschland eingeleitet, um sich auf die Rechtsprechung zur sekundären Darlegungsobliegenheit berufen zu können. Da Gerichtsstände sowohl am Übernahme-, also auch am vorgesehenen Ablieferort begründet werden können, sind Anspruchsteller von transportrechtlichen Schadenersatzansprüchen wegen Verlustes der Sendung gut beraten, einen auf Transport- und Speditionsrecht spezialisierten Anwalt in Deutschland mit der Durchsetzung des Regresses gegen den Frachtführer bzw. Spediteur in Deutschland zu beauftragen.

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