Frachtführerhaftung: Das Landgericht Verden hat am 19. Januar 2018 in einer Entscheidung (Az. 9 O 20/16) über die Haftung eines Frachtführers für den Verlust von Gütern und die Verzögerung der Ablieferung entschieden.

Die Fakten

Der Kläger ist ein Verkäufer von elektronischen Geräten, der eine “Frachtanfrage” an den Beklagten — einen Spediteur — geschickt und um ein “Frachtangebot” gebeten hatte. Gegenstand der Bestellung war die Annahme, Palettierung und Verteilung durch die Beklagte sowie eine zeitnahe Übernahme der Ware. Die E‑Mails der Beklagten enthielten am Ende jeder Nachricht einen Zusatz, dass sie ausschließlich auf der Grundlage von ADSp (Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen) arbeiten.

Die Beklagte kommissionierte die Ware und bereitete sie zur Lieferung vor, beauftragte jedoch Subunternehmer mit der Annahme der Ware, der Umverteilung anhand von Packlisten sowie der Lieferung an den Empfänger. Nach der Lieferung zeigten jedoch mehrere Empfänger Mängel an. In einem Fall wurden die Waren nicht rechtzeitig geliefert und eine spätere Lieferung vom Empfänger abgelehnt.

Das Urteil

Das Landgericht hat zunächst entschieden, dass die Parteien einen Frachtvertrag abgeschlossen haben. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und den Pflichten des Vertrages. Macht die Beklagte geltend, dass stattdessen ein Speditionsvertrag abgeschlossen wurde, trägt sie hierfür die Beweislast. Ein schlichter Verweis auf die ADSp reicht hierfür nicht aus.

Darüber hinaus hat das Gericht entschieden, dass die Klägerin in diesem Fall die vollständige Übernahme der Ware durch die Beklagte nicht nachweisen oder beweisen muss, weil sich die Beklagte dazu verpflichtet hat, die Ware anhand einer Packliste zu kommissionieren.

In jedem Fall hat die Beklagte daher eine Hauptpflicht verletzt. Entweder enthielten die Container bei der Übernahme durch die Beklagte nicht die richtigen Mengen. In diesem Fall wäre dies bei der Kommissionierung zu beachten und dem Kunden mitzuteilen gewesen. Wenn die Behälter die richtigen Mengen enthielten, war entweder die Kommissionierung falsch, die Ware ging während des Transports verloren oder der Kunde beanstandet Fehlmengen zu Unrecht. In diesem Fall müssten die Frachtpapiere von der Beklagten vorgelegt werden. In allen anderen Fällen wäre das Gut in der Obhut der Beklagten verloren gegangen.

Einen Anspruch auf Schadenersatz für die verspätete Lieferung lehnte das Gericht jedoch ab. Grund hierfür war eine verspätete Anzeige der Verspätung durch die Klägerin. Nach § 438 Abs. 3 HGB erlischt der Ersatzanspruch, wenn der Auftraggeber die Verspätung nicht innerhalb von drei Wochen anzeigt.

Kommentar

Die Unterscheidung zwischen Fracht- und Speditionsverträgen ist in Deutschland oft Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Dies liegt daran, dass der Spediteur in der Regel nur für Organisations- oder Auswahlverschulden haftet und sich in der Regel entlasten kann, wenn er nachweisen kann, dass er einen gewissenhaften Frachtführer gewählt hat. Der Frachtführer hingegen haftet für Schäden und Verluste der Waren in seiner Obhut, durch ihn selbst oder seine Subunternehmer, weshalb ihm der Nachweis der Entlastung in der Regel schwerer fällt.

In der Regel hat der Antragsteller anzugeben und nachzuweisen, dass der Schaden während des Obhutszeitraumes des Frachtführers entstanden ist. Die ordnungsgemäße Übergabe der Ware an den Frachtführer wird in der Regel durch die Vorlage einer Quittung nachgewiesen. In diesem Fall war die Klägerin ausnahmsweise nicht verpflichtet, anzugeben, ob und welche Waren sie dem Frachtführer übergeben hatte, da dieser eine zusätzliche vertragliche Verpflichtung übernommen hatte, die seinen Verantwortungsbereich auf die Versandvorbereitung erweiterte.

ILO — Inter­na­tio­nal Law Office

Dieser Artikel wurde ursprüng­lich in engli­scher Sprache heraus­ge­ge­ben von und zuerst veröf­fent­licht auf www.internationallawoffice.com

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