Worum geht es?

Die Verordnung (EU) 2022/2065 vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz für digitale Dienste, auch bekannt als Digital Services Act) bringt massive Änderungen für Unternehmen im E-Commerce. Das Gesetz gilt als EU Verordnung direkt und benötigt keine Umsetzung in das jeweils nationale Recht der Mitgliedstaaten. Es soll vor dem Hintergrund des digitalen Wandels im Dienste des Binnenmarktes einheitliche Regelungen für das Online-Umfeld schaffen. Dabei kommen (ähnlich wie bei der DSGVO) tiefgreifende Änderungen, Anpassungsmaßnahmen und bei Verstößen hohe Strafen auf die in diesem Bereich tätigen Unternehmen zu. 

Betroffen sind Unternehmen, die sogenannte Online-Vermittlungsdienste erbringen.  Darunter fallen unter anderem Hostingdienste, worunter auch Online-Plattformen fallen. Unter Online-Plattformen versteht das neue Gesetz Anbieter, die im Auftrag ihrer Nutzer Informationen speichern und öffentlich verbreiten. Umfasst werden somit sowohl soziale Netzwerke als auch die typischen Marktplätze, die es ermöglichen, dass auf der Plattform Anbieter von Waren und Diensten mit Kunden Verträge abschließen können.

Betroffen sind auch Online-Plattformen mit Sitz außerhalb der EU, soweit diese ihre Dienste Nutzern in der EU anbieten.

Neue Pflichten

Durch das Gesetz kommen auf Online-Plattformen eine ganze Reihe neuer Pflichten zu. Diese sind gestaffelt aufgebaut. So gibt es Anforderungen,

  • die für alle Online-Plattformen gelten,
  • gesonderte Anforderungen für Online-Plattformen, die 50 oder mehr Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von EUR 10 Mio. oder mehr haben und
  • für letztere nochmals gesonderte Anforderungen, wenn sie auf ihrer Plattform Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmen ermöglichen. 

Darüber hinaus gibt es noch gesonderte Anforderungen für besonders große Online-Plattformen.

Pflichten für alle Online-Plattformen

Zu den Pflichten, die für alle Online-Plattformen gelten, gehören zum Beispiel:

Benennung von Kontaktstellen

Es muss zum einen eine zentrale Kontaktstelle für eine direkte elektronische Kommunikation mit den zuständigen Behörden benannt werden und zum anderen eine ebensolche Kontaktstelle für die Nutzer der jeweiligen Online-Plattform.

Benennung von gesetzlichen Vertretern

Online-Plattformen ohne Niederlassung in der EU müssen, wenn sie ihre Leistungen in der EU anbieten, schriftlich eine juristische oder natürliche Person benenn, die in einem der Mitgliedstaaten, in denen sie ihre Dienste anbieten, als ihr gesetzlicher Vertreter fungiert.

Allgemeine Geschäftsbedingungen

In den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Online-Plattformen sind bestimmte Pflichtangaben zu machen, wie z.B. Angaben zu etwaigen Beschränkungen, die Nutzern in Bezug auf die von ihnen bereitgestellten Informationen auferlegt werden. Dabei müssen auch die Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeuge, die die Online-Plattform zur Moderation von Inhalten einsetzt, dargelegt werden, einschließlich ggf. genutzter algorithmischer Entscheidungsfindungen und deren Überprüfung durch eine natürliche Person.

Melde- und Abhilfeverfahren

Online-Plattformen müssen ein Verfahren einrichten, nach dem rechtswidrige Inhalte gemeldet werden können. Dieses Verfahren muss leicht zugänglich und benutzerfreundlich sein und eine Übermittlung von Meldungen ausschließlich auf elektronischem Weg ermöglichen.

Transparenzpflichten

Online-Plattformen müssen einmal jährlich einen maschinenlesbaren Bericht zur Verfügung stellen, der unter anderem die Anzahl von Meldungen wegen rechtswidriger Inhalte, die darauf ergriffenen Maßnahmen sowie die Anzahl der ausschließlich automatisch verarbeiteten Meldungen aufschlüsselt.

Begründung

Wenn Nutzern Beschränkungen auferlegt werden, wie z.B. das Entfernung von Inhalten, die Sperrung des Zugangs oder die Aussetzung oder Minderung von Geldzahlung etc., muss den betroffenen Nutzern hierfür eine klare Begründung für die jeweilige Beschränkung gegeben werden.

Meldung des Verdachts von Straftaten

Es besteht die Pflicht zur unverzüglichen Meldung an die zuständige Strafverfolgungs- oder Justizbehörden, wenn eine Online-Plattform Kenntnis von Informationen erlangen, die den Verdacht nahelegen, dass eine Straftat, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit von Personen darstellt, begangen wurde, begangen wird oder begangen werden könnte.

Gesonderte Pflichten für Online-Plattformen, die 50 oder mehr Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von EUR 10 Mio. mehr haben

Für solche größeren Online-Plattformen gelten weitere Regelungen, wie zum Beispiel:

Internes Beschwerdemanagementsystem und außergerichtliche Streitbeilegung

Sie müssen ein internes Beschwerdemanagementsystem vorhalten, das Nutzern eine elektronische und kostenlose Einreichung von Beschwerden ermöglicht,  wenn die Online-Plattform z.B. Entscheidungen wie das Entfernen von Informationen eines Nutzers, die Zugangssperrung, das Aussetzen des Dienstes oder Ähnliches trifft, und diese Entscheidung damit begründet, dass die von dem jeweiligen Nutzer bereitgestellten Informationen rechtswidrigesindoder gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen.

Maßnahmen zum Schutz missbräuchlicher Verwendung

Nutzer, die häufig und offensichtlich rechtswidrige Inhalte bereitstellen, müssen nach vorheriger Warnung für einen angemessenen Zeitraum gesperrt werden. Ähnlich muss für Beschwerdeführer, die häufig offensichtlich unbegründete Meldungen oder Beschwerden einreichen, die Bearbeitungen solcher Meldungen oder Beschwerden nach vorheriger Warnung für einen angemessenen Zeitraum ausgesetzt werden.

Transparenzpflichten

Zusätzlich zu den Transparenzpflichten, die für alle Online-Plattformen gelten, müssen solche größeren Plattformen in ihrem Transparenzbericht weitere Angaben machen, wie z.B. die Anzahl der Streitigkeiten auflisten, die außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen vorgelegt wurden und die Ergebnisse der Streitbeilegung.

Weiter mussten solche größeren Online-Plattformen bereits zum 17. Februar 2023 und danach mindestens alle sechs Monate in einem öffentlich zugänglichen Bereich der Plattform Informationen über die durchschnittliche monatliche Zahl ihrer aktiven Nutzer in der EU veröffentlichen.

Zu den Transparenzpflichten gehört auch, dass bei der Verwendung von Empfehlungssystemen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen in klarer und verständlicher Sprache die wichtigsten Parameter angeben werden sowie alle Möglichkeiten für die Nutzer, diese wichtigen Parameter zu ändern oder zu beeinflussen.

Wenn Werbung angezeigt wird, muss bei jeder Werbung darüber informiert werden, dass es sich um Werbung handelt, von wem die Werbung stammt, und anhand welcher Hauptparameter bestimmt wird, dass gerade dem jeweiligen Nutzer die Werbung angezeigt wird.

Gestaltung der Online-Plattform

Nutzer dürfen durch die Konzeption der Online-Plattform nicht z.B. durch visuelle, akustische oder sonstige Instrumente so getäuscht oder manipuliert werden, dass sie dazu verleitet werden, eine für die Online-Plattform günstige aber für sie selbst ungünstige Entscheidung zu treffen.  

Gesonderte Pflichten für solche größeren Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen

Für die größeren Online-Plattformen, die auf ihrer Plattform Verbrauchern ermöglichen, mit auf der Plattform vorhandenen Unternehmen Verträge abzuschließen, gelten noch weitere Bestimmungen, so müssen sie z.B.

  • sicherstellen, dass den Verbrauchern die gesetzlich vorgeschriebenen notwendigen Informationen zur Verfügung stellen gestellt werden, einschließlich der Informationen zur Konformität und Produktsicherheit und  
  • die Verbraucher informieren, wenn sie Kenntnis erlangen, dass ein rechtswidriges Produkt oder eine rechtswidrige Dienstleistung angeboten wird.

Sehr große Online-Plattformen

Unter sehr großen Online-Plattformen versteht das neue Gesetz solche, die eine durchschnittliche monatliche Zahl von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU haben und von der EU-Kommission durch Beschluss als sehr große Online-Plattformen benannt wurden.

Auf diese kommt eine ganze Reihe weiterer Verpflichtungen zu, wie beispielsweise die Vornahme einer Risikobewertung von systemischen Risiken in der EU, die sich aus der Konzeption oder dem Betrieb ihrer Dienste ergeben können, sowie das Ergreifen von Maßnahmen zur Minderung solcher Risiken. Sie müssen weiter z. B. bei der Verwendung von Empfehlungssystemen mindestens eine Option für jedes ihrer Empfehlungssysteme vorweisen, die nicht auf Profiling beruht, und habe weitergehende Transparenzpflichten bei der Anzeige von Werbung.

Verstöße

Bei einem Verstoß gegen das neue Gesetz können Bußgelder von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes der betreffenden Online-Plattform im vorangegangenen Geschäftsjahr verhängt werden.

Zudem haben Nutzer das Recht Schadenersatz von Online-Plattform zu fordern, wenn ihnen aufgrund eines Verstoßes der Online-Plattform Schäden, eischließlich Verlusten, entstehen.

Ab wann gelten die neuen Anforderungen?

Die Verordnung tritt zum 17. Februar 2024 in Kraft. Ausgenommen sind einige Regelungen, wie z.B. die Regelung über die Meldungen der durchschnittlichen monatlichen Anzahl aktiver Nutzer, und einige der Regelungen für sehr große Online-Plattformen, die bereits zum 16. November 2022 in Kraft getreten sind. Bei den sehr großen Online-Plattformen treten die übrigen Regelungen vier Monate nach dem Zeitpunkt der Mitteilung an sie, dass sie als sehr große Online-Plattform benannt wurden in Kraft, soweit dieses Datum vor dem 17. Februar 2024 liegt.

Was sollten Online-Plattformen tun?

Das neue Gesetz für digitale Dienste bringt massive Änderungen mit sich. Dieser Artikel zeigt nur einen Ausschnitt davon. Es ist daher anzuraten, sich rechtzeitig im Detail mit dem neuen Gesetz auseinanderzusetzten und die entsprechenden notwendigen Anpassungen vorzunehmen, um bei Inkrafttreten des Gesetzes entsprechend gerüstet zu sein.

Mit der Welt teilen