Gesetzliche Regelungen in Form von Haftungsausschlüssen

“Force Majeure“ ist sowohl im Zusammenhang mit Lieferverträgen als auch Transportverträgen zur Zeit sehr häufig zu lesen.

Der Begriff „Force Majeure“ oder zu Deutsch „Höhere Gewalt“ kommt im deutschen Transportrecht wörtlich nicht vor. Es gibt aber zum Beispiel mit § 426 HGB im deutschen Landfrachtrecht eine Bestimmung, die einen Haftungsausschluss des Frachtführers normiert,  soweit der Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der Lieferfrist auf Umständen beruht, die der Frachtführer auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Vergleichbare aber nicht identische Formulierungen findet man in § 499 HGB zum deutschen Seerecht, wo beispielsweise kriegerische Ereignisse, Unruhen, Handlungen öffentlicher Feinde oder Verfügungen von hoher Hand sowie Quarantänebeschränkungen genannt werden. Ähnliches gilt für weitere Verkehrsträger und auch die ADSp.

UN-Kaufrecht und ICC-Klauseln

Für internationale Lieferverträge hat das UN Kaufrecht eine Regelung zur „höheren Gewalt“ durch Art. 79 CISG aufgestellt. Auch existieren Regelungen zu Force Majeure durch die International Chamber of Commerce, ICC (ICC Force Majeure Clause). Da das UN Kaufrecht in den meisten Lieferverträgen aber vertraglich ausgeschlossen wird und die ICC Klausel ausdrücklich vereinbart werden muss, hat sich eine Praxis etabliert, vertragliche Regelungen zur höheren Gewalt in Transport- und Lieferverträge aufzunehmen. Das sind die vielzitierten „Force Majeure Klauseln“.

Definition der “Force Majeure” nach deutscher Rechtsprechung

Die Rechtsprechung definiert höhere Gewalt als ein

„betriebsfremdes, von außen herbeigeführtes Ereignis, das unvorhersehbar und ungewöhnlich ist und das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann

(BGH NJW-RR 2008, 335, 336).

Die Coronavirus-Pandemie selbst muss also das Leistungshindernis sein, um daraus Rechtsfolgen herleiten zu können.

Vertragsprüfung: Welche Rechtsfolgen sind für welche Sachverhalte geregelt?

Wichtig ist also zunächst zu prüfen, ob in den relevanten Verträgen eine „Force Majeure“ Regelung aufgenommen wurde und welche Voraussetzungen und Rechtsfolgen sie normiert. Ggfs. ist ergänzend zu prüfen, ob die vereinbarte Klausel den Anforderungen an das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) standhält und Wirksamkeit entfaltet.

Auch wenn ein Vertrag keine „Force Majeure“ Klausel enthält, ist man nicht rechtlos gestellt. Vielmehr gilt dann das allgemeine (deutsche) Leistungsstörungsrecht,  das insbesondere Regelungen zu Verzug und Unmöglichkeit der Leistung vorsieht.

Es muss im Ergebnis jeder Einzelfall betrachtet und genau geprüft werden, ob eine Berufung auf „Force Majeure“ vertraglich möglich ist und welche Rechtsfolgen daraus hergeleitet werden bzw. welche das anwendbare Recht andernfalls bereit hält.

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