„Verfügt eine Gemeinde über mehrere Amtsgerichte, reicht die bloße Bezugnahme auf den Ortsnamen in einer Gerichtsstandsklausel nicht aus, um eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen.“

Sachverhalt

Die Parteien, zwei Speditionsunternehmen, streiten um die Zahlung von Speditionsentgelten anlässlich der Organisation einer Beförderung von Deutschland nach Großbritannien. Die Klägerin ist für die Durchführung des Transportes verantwortlich gewesen, die Beklagte war ihr Auftraggeber.

Die im internationalen Straßengüterverkehr beförderte Sendung kam unstreitig mit mehreren Tagen Verspätung beim Empfänger an. Dieser hatte mit einem deutlich früheren, fest vereinbarten Ab-liefertermin gerechnet und daher bereits gewisse Dispositionen am Empfangsort getroffen, um das für seine Baustelle bestimmte Gut sofort weiternutzen zu können. Z. B. stand Fachpersonal auf der Baustelle tatenlos herum und wartete auf die Anlieferung. Er macht daher Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte hat mit diesen, an sie weiterbelasteten Schadensersatzansprüchen und eigenen, durch die Verzögerung kausal entstandenen Schänden die Aufrechnung erklärt.

Die Klägerin ist der Auffassung, Ziff. 19 ADSp 2017 stünde einer Aufrechnung entgegen. Nachdem außergerichtliche Mahnversuche scheiterten, hat die Klägerin Klage zum Amtsgericht Duisburg erhoben. Die Klägerin behauptet, die Zuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts ergäbe sich aus ihren AGB, in welchen der „Gerichtsstand: Duisburg“ vereinbart worden sei.

Entscheidung

Das AG Duisburg hat erhebliche Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert und nach Anhörung der Parteien den Rechtsstreit daher an das Gericht des Abgangsortes (vgl. Art. 31 Nr. 1 b CMR) verwiesen.

Unabhängig von der Frage, in welchem Verhältnis die AGB der Klägerin und die weiteren, von dieser in Bezug genommenen ADSp 2017 zueinander stünden, reiche die Formulierung „Gerichtsstand: Duisburg“ nicht aus, um eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu begründen.

Im Bezirk der Stadt Duisburg befänden sich insgesamt drei Amtsgerichte: das AG Duisburg, das AG Duisburg-Ruhrort und das AG Duisburg-Hamborn haben hier ihren Sitz. Selbst wenn die zitierte Klausel aus den AGB der Klägerin daher Vertragsbestandteil geworden sei, ergäbe sich hieraus nicht zwingend die Zuständigkeit des AG Duisburg. Was mit „Duisburg“ als Gerichtsort gemeint sei, sei aufgrund der oben genannten, drei unterschiedlichen AG unklar und könne auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.

Da die Klägerin selbst außerhalb des Gerichtsbezirks des AG Duisburg ansässig sei, sei eine Zuständigkeit des Gerichts unter keinem Gesichtspunkt gegeben.

Praxis-Tipp

Eine kuriose Einzelfallentscheidung sollte man auf den ersten Blick meinen. Aber Duisburg ist nicht die einzige Gemeinde in Deutschland, welche über mehr als ein Amtsgericht verfügt.

Die Bundeshauptstadt bzw. der Stadtstaat Berlin dürfte hier mit insgesamt 11 Amtsgerichten der Spitzenreiter sein (AG Berlin – Charlottenburg, ‑Köpenick, ‑Lichtenberg, ‑Mitte, ‑Neukölln, ‑Pankow/Weißensee, ‑Schöneberg, ‑Spandau, ‑Tempelhof-Kreuzberg, ‑Tiergarten, ‑Wedding). Die bayerische Landeshauptstadt München beheimatet gar zwei Landgerichte (München I + II).

Aber auch in anderen Konstellationen dürfte eine zu kurze Beschreibung des gewählten Gerichtsortes mitunter zu Problemen führen; nämlich dann, wenn unklar ist, welche politische Gemeinde im Streitfall gemeint ist: meint z. B. „Gerichtsort Frankfurt“ eigentlich Frankfurt am Main oder eher Frankfurt/Oder?

Wenn es keine weiteren Anhaltspunkte für eine eindeutige Auslegung gibt oder die wörtliche Auslegung schlichtweg zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, kann man sich auf die vermeintlich sichere Gerichtsstandsklausel somit im Streitfall nicht verlassen. Solange es noch alternative Gerichtsstände in Deutschland gibt dürfte dies für den Anspruchssteller vermutlich noch zu vernachlässigen sein.

Anders sieht es jedoch aus, wenn man eine Gerichtsstandsvereinbarung mit einem ausländischen Geschäftspartner vereinbaren möchte und der Wegfall bzw. die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsklausel gleichbedeutend ist mit einem fehlenden Gerichtsstand in Deutschland. Eine Verweisung scheidet dann aus und es droht der Verlust des Prozesses in einem sehr frühen Stadium.

Es empfiehlt sich daher für die Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ebenso wie für die von Verträgen, das geplante örtlich zuständige Gericht möglichst genau zu bezeichnen:

Z. B.: „Örtlich und funktional zuständig ist, unabhängig vom Streitwert, das Landgericht Frankfurt am Main, Kammer für Handelssachen.”

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