Zeitlich unbegrenzte Anforderung von Erschließungs-Kostenbeiträgen ist verfassungswidrig
Mit Beschluss vom 24.11.2021 (Az. 1 BvL 1/19) hat das Bundesverfassungsgericht eine Regelung des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes, wonach Erschließungskostenbeiträge von Anliegern zeitlich unbegrenzt rückwirkend erhoben werden können, für verfassungswidrig erklärt.
Grundstückseigentümer dürfen nach Ansicht des Gerichts nicht über Jahre oder sogar Jahrzehnte im Unklaren darüber gelassen werden, ob noch Erschließungsbeiträge von ihnen verlangt werden. Durch die zeitlich unbefristete Möglichkeit der Gemeinde, die Kosten auf die Eigentümer umzulegen, sei das Gebot der Belastungsklarheit und –vorhersehbarkeit verletzt.
Der Gesetzgeber muss nun eine angemessene zeitliche Obergrenze schaffen, die sowohl die Rechtssicherheit des Einzelnen als auch das Interesse der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich berücksichtigt.
Auch Hessen und Nordrhein-Westfalen werden konsequenterweise ihre Kommunalabgabengesetze ändern müssen, da beide ebenfalls keine zeitliche Begrenzung enthalten.
Hintergrund:
Baugebiete werden in der Regel zunächst auf Kosten der Gemeinde an die öffentliche Infrastruktur angeschlossen (beispielsweise Straßen, Kanal, Strom und Gas); die hierfür aufgewendeten Kosten werden dann später auf die Eigentümer der Grundstücke umgelegt, die von der Erschließung profitieren.
Nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Rheinland-Pfalz gibt es für die Umlegung der Kosten auf die Grundstückseigentümer keine Fristen. Es war also bisher möglich, dass auch Jahrzehnte nach dem eigentlichen Anschluss des jeweiligen Grundstücks an das öffentliche Netz Erschließungskosten vom Eigentümer gefordert werden konnten, wenn – wie hier – die Straße erst nach Jahren vollumfänglich fertiggestellt und gewidmet wurde. Dem hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr eine Absage erteilt.
Es bleibt abzuwarten, wie die Landesgesetzgeber die Vorgaben umsetzen.
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Yvonne Spatz, Rechtsanwältin, Dipl. Verwaltungswirtin
Marlena Purwin, Rechtsanwältin