26.04.2022

Umsatzsteuerbefreiung bei Transporten von Deutschland in Drittstaaten stark eingeschränkt!

Risiken und Kosten für alle Beteiligten entlang der Transport- und Logistikkette

Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat das Bundesfinanzministerium zum Jahresbeginn ein bereits länger zurückliegendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) umgesetzt.

Danach ist eine Umsatzsteuerbefreiung für Transporte aus Deutschland in Drittstaaten nur noch in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen möglich.

Hieraus ergeben sich für Transportdienstleister und Verlader erhebliche Risiken und ein deutlich erhöhter administrativer Aufwand.

Konkreter Hintergrund

Der Änderung liegt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 29.6.2017 (C-288/16) zugrunde, sowie hieran anknüpfende erläuternde Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14.10.2020, III C 3 – S 7156/19/10002:002 und 27.9.2021, III C 3 – S 7156/19/10002:006.

Durch diese Entscheidung des EuGH ist der Anwendungsbereich des Art. 146 Abs. 1 lit. e der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sowie des hierauf basierenden § 4 Abs. 3 Umsatzsteuergesetzes (UStG) seit dem 1.1.2022 stark eingeschränkt worden.

Umsatzsteuerbefreit ist eine Beförderung von Deutschland in Drittstaaten demnach nur noch im Verhältnis Versender – Erstspediteur bzw. Absender – Hauptfrachtführer.

Dies ist in der Regel das Vertragsverhältnis zwischen dem Verkäufer oder Käufer des zu transportierenden Gutes und dem von ihm beauftragten Dienstleister (Auftraggeber – Auftragnehmer). Subunternehmer oder Unterauftragnehmer können diese Art der Umsatzsteuerbefreiung nicht mehr in Anspruch nehmen.

Es besteht bei den übrigen, in der Logistikkette beteiligten Unternehmen nach Auffassung des EuGH kein sogenannter „Unmittelbarkeitszusammenhang“ zwischen dem zugrundliegenden Handelsgeschäft in Bezug auf das Transportgut (Kauf / Verkauf) und der durchzuführenden Beförderungsleistung. Wörtlich heißt es in der Entscheidung:

„Art. 146 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung auf eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreffend einen Umsatz in Form der Beförderung von Gegenständen in einen Drittstaat nicht zur Anwendung kommt, wenn die betreffenden Dienste nicht unmittelbar an den Versender oder den Empfänger dieser Gegenstände geleistet werden.“

Was bedeutet das in der Praxis?

Im Falle der Falschbehandlung, fehlerhafter Dokumentation oder falscher Abrechnung drohen nicht unerhebliche Risiken:

  • Steuernachforderungen der Finanzämter in Höhe von 19% auf Dienstleisterseite zzgl. Zinsen (bis zu 0,5% pro Monat)
  • potentielles Ausfallrisiko auf Dienstleisterseite in Bezug auf Rückbelastungen gegenüber den Auftraggebern aufgrund kurzer Verjährungsfristen und Insolvenzsituationen
  • Aberkennung des Vorsteuerabzuges in entsprechender Höhe auf Auftraggeberseite
  • Risiko von Steuerprüfungen auf beiden Seiten

Hinzu kommt ein deutlich erhöhter administrativer Aufwand.

Welche Handlungsoptionen bestehen?

Transportunternehmen sollten ihre Auftragsdokumente anpassen und möglichst genau dokumentieren, welche Güter sie für ihre Auftraggeber befördern.

Stehen die Güter im Eigentum des Auftraggebers oder handelt es sich um Güter im Eigentum Dritter? Dies ist entscheidend für die Bewertung, ob die Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann oder nicht.

Verlader sollten darauf achten, dass der Dienstleister über alle notwendigen Informationen für eine korrekte Abrechnung verfügt. Erhaltene Rechnungen sollten zeitnah auf die sachliche Richtigkeit überprüft werden.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Implementierung eines Systems, um die dargestellten Risiken einer Falschbehandlung, fehlerhaften Dokumentation oder falschen Abrechnung zu vermeiden:

  • Welche Dokumentationspflichten habe ich als Versender / Spediteur / Frachtführer / Dienstleister?
  • Kann ich meine Kunden nach Branchen einordnen und die Dokumentationspflichten hierdurch reduzieren?
  • Wie lange kann ich Rechnungen korrigieren?
  • Wie reagiere ich auf etwaige Nachforderungen?
  • Was passiert, wenn ich Anfragen meines Dienstleisters oder Auftraggebers ignoriere?

Dies sind nur einige Fragen, die Sie sich jetzt stellen sollten, und bei deren Beantwortung wir Ihnen gerne zur Seite stehen.

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Andreas Fuchs und Carsten Vyvers