30.06.2022

Wichtige Änderungen des Verpackungsgesetzes – 2022

Mandanteninformation

Seit dem 1. Januar 2019 gilt das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen („VerpackG“). Das VerpackG legt die Anforderungen an die Produktverantwortung für Verpackungen mit der Zielsetzung fest, die Auswirkungen von Verpackungsabfällen auf die Umwelt zu vermeiden oder zu verringern. Insofern richtet sich das VerpackG primär an Hersteller und Inverkehrbringer verpackter Waren. Aber auch Fulfillment-Dienstleister treffen erhöhte Kontrollpflichten.

Dies ist insbesondere deshalb von erheblichem Interesse für Ihr Unternehmen, da sich Hersteller, Importeure und Händler, die gegen das Verpackungsgesetz verstoßen, dem Risiko verschiedener Strafen und anderer Sanktionen aussetzen. Auf verwaltungsrechtlicher Ebene drohen Bußgelder bis zu EUR 200.000 sowie weitere Sanktionen, wie die Abschöpfung erzielter Gewinne. Privatrechtlich drohen Abmahnungen durch Wettbewerber sowie hohe Schadenersatzforderungen. Generell kann auch ein Vertriebsverbot drohen.

Das VerpackG hat bereits einige Anpassungen und Änderungen erfahren – zuletzt mit in Kraft treten zum 1. Januar 2022. Zum 1. Juli 2022 wird nunmehr unter anderem die Neuregelung der Registrierungspflichten sowie Prüfpflicht für Betreiber von elektronischen Marktplätzen in Kraft treten.

In dieser Übersicht werden die wichtigsten Änderungen des VerpackG aufgeführt, die Ihr Unternehmen betreffen, damit Sie dem potentiellen Sanktionsrisiko entgehen können. Melden Sie sich gerne, sofern Sie Beratungsbedarf sehen.


I.         Registrierungspflicht für Letztvertreiber von Servicepackungen
(§ 7 Abs. 2 S. 3 VerpackG)

Bisher wurden Letztvertreiber von Serviceverpackungen privilegiert, indem sie Herstellerpflichten auf den Vorvertreiber übertragen konnten. Hier haben sich Änderungen ergeben, wonach diese zwar weiterhin die Systembeteiligungspflicht auf den Vorvertreiber delegieren können. Allerdings besteht für Letztvertreiber von Servicepackungen ab dem 1. Juli 2022 die Verpflichtung zur Registrierung im Verpackungsregister LUCID bei der Stiftung Zentrale Stelle.


II.        Registrierungspflicht für sämtliche Hersteller
(§ 9 Abs. 1 VerpackG)

Ab dem 1. Juli 2022 besteht für sämtliche Hersteller von Verpackungen die Verpflichtung zur Registrierung im Verpackungsregister LUCID bei der Stiftung Zentrale Stelle.

Damit wird die bisherige Registrierungspflicht nur für Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, also von mit Ware befüllten Verpackungen, die typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen, auf sämtliche Hersteller und Inverkehrbringer von verpackten Waren ausgeweitet.

Diese Neuregelung trifft insbesondere den gewerblichen Bereich: Transportverpackungen, Verkaufs- und Umverpackungen, Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter, Mehrwegverpackungen, etc.


III.        Datenmeldung
(§ 10 Abs. 1 S. 3, S. 4 VerpackG)

Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen haben sich ab dem 3. Juli 2021 bei der Meldung an die Zentrale Stelle bezüglich der Angaben zur Materialart der Verpackungen an den in § 16 Abs. 2 VerpackG aufgeführten Materialarten zu orientieren: Glas, PPK, Eisenmetalle, Aluminium, Getränkekartonverpackung, sonstige Verbundverpackung und Kunststoffe.


IV.        Informationspflichten
(§ 15 Abs. 1 S. 5 VerpackG)

Letztvertreiber von Verpackungen, also Verpackungen, die nicht systembeteiligungspflichtig sind, müssen ab 3. Juli 2021 den Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren. Dies kann durch einen Hinweis auf der Website erfolgen, durch einen Beilagenzettel oder auch Aufdruck auf den Lieferpapieren.

 

V.         Nachweispflichten (§ 15 Abs. 3 S. 3 VerpackG)

Hersteller und Vertreiber von nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen haben ab dem 1. Januar 2022 über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen Nachweis zu führen. Nun sind auch insbesondere Transportverpackungen, Verkaufs- und Umverpackungen und Mehrwegverpackungen einbezogen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen.

Dabei sind nur Verpackungen von der Nachweispflicht betroffen, die tatsächlich an den Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wurden. Sofern die Entsorgung auf den Endverbraucher übertragen wurde und die Verpackung daher nicht von dem Hersteller oder Vertreiber zurückgenommen wird, besteht keine Nachweispflicht. Es ist zu dokumentieren wie viele Verpackungen in einem Kalenderjahr in Verkehr gebracht und zurückgenommen wurden und in welcher Weise diese verwertet wurden. Die Nachweise sind nicht aktiv beizubringen, sondern nur vorzuhalten und auf Nachfrage den zuständigen Behörden vorzulegen.


VI.        Prüfplicht E-Commerce – elektronische Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister
(§ 7 Abs. 7 VerpackG)

Für Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister besteht ab dem 1. Juli 2022 die Verpflichtung zur Überprüfung der vertraglich gebundenen Hersteller im Hinblick auf deren Pflichten aus dem Verpackungsgesetz. Diese Akteure haben danach zu überprüfen, ob die Hersteller registriert und an einem System beteiligt sind. Ist dies nicht der Fall, greift ein Vertriebsverbot.

Die Definitionen des Betreibers eines elektronischen Marktplatzes und Fulfillment-Dienstleister lauten:

  • Elektronischer Marktplatz ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden und die oder, dass es Vertreibern, die nicht Betreiber des Marktplatzes sind, ermöglicht, Waren in eigenem Namen in Verkehr zu bringen. Betreiber eines elektronischen Marktplatzes ist jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Vertreibern ermöglicht, über diesen Marktplatz Waren in Verkehr zu bringen.“ (§ 3 Abs. 14b VerpackG)

 

  • Fulfillment-Dienstleister ist jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen für Vertreiber im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet: Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren und Versand von Waren, an denen sie kein Eigentumsrecht hat. Post-, Paket-zustell- oder sonstige Frachtverkehrsdienstleister gelten nicht als Fulfillment-Dienstleister.“ (§ 3 Abs. 14c VerpackG)

Das bedeutet im Fall von Betreibern von elektronischen Marktplätzen, dass diese das Anbieten von Waren in systembeteiligungspflichtigen Verpackungen zum Verkauf nicht ermöglichen dürfen, wenn die Hersteller nicht registriert und an einem System beteiligt sind.

Fulfillment-Dienstleister dürfen keine Leistungen im Sinne von Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren und Versand von Waren in Bezug auf Waren in systembeteiligungspflichtigen Verpackungen erbringen, wenn die jeweiligen Auftraggeber nicht registriert und an einem System beteiligt sind.

Bei einem Verstoß drohen Bußgelder sowie weitere Sanktionen, wie die Abschöpfung erzielter Gewinne. Privatrechtlich drohen Abmahnungen durch Wettbewerber sowie Schadenersatzforderungen und Unterlassungsansprüche.


VII.        Einsatz von Mindestrezyklatanteil bei Einwegkunststoffgetränkeflaschen
(§ 30a VerpackG)

Für Einwegkunststoffgetränkeflaschen wird erstmals eine Mindestrezyklateinsatzquote festgelegt:

  • Ab Januar 2025 müssen PET-Einwegkunststoffgetränkeflaschen zu jeweils mindestens 25 Prozent aus Rezyklaten bestehen.
  • Ab Januar 2030 wird dies ausgeweitet. Dann müssen sämtliche Einwegkunststoffgetränkeflaschen zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Rezyklaten bestehen.

 

VIII.        Ausweitung der Pfandpflicht (§ 31 Abs. 4 VerpackG)

Mit der Neureglung des § 31 Abs. 4 VerpackG endet die bisherige Ausnahmeregelung für bestimmte Getränke. Bei Getränkedosen sind viele Getränke bereits pfandpflichtig; neu hinzu kommen nur einzelne Produkte wie Apfelwein, Cider, alkoholische Mischgetränke und einzelne Energydrinks.

Inverkehrbringer von Getränken in Einwegverpackungen haben künftig Folgendes zu beachten:

  • Ab Januar 2022 gilt die Pfandflicht auf alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen sowie auf sämtliche Getränkedosen.
  • Für Milch- und Milcherzeugnisse besteht eine Übergangsfrist, hier gilt die Pfandpflicht für diese Getränkeverpackungen erst ab 1. Januar 2024
  • Bis zum Juni 2022 greift eine Übergangsfrist für „Altbestände“. Einwegkunststoffgetränkeflaschen und -dosen, welche bis 1. Januar 2021 in Verkehr gebracht wurden, dürfen weiter ohne Pfand verkauft werden.

 

IX.        Benennung Bevollmächtigter (§ 35 Abs. 2 VerpackG)

Ab dem 3. Juli 2021 besteht für Hersteller, die über keine Niederlassung in Deutschland verfügen, die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten mit der Erfüllung der Herstellerpflichten zu beauftragen, der sodann die Verpflichtungen des Herstellers übernimmt.

Andreas Fuchs und Carsten Vyvers