Aktualisierung: BGH-Urteil zu Negativzinsen
In einem Rechtsstreit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und einer Bank bezüglich Negativzinsen hat der BGH zugunsten der Bank entschieden (Urteil vom 9. Mai 2023, AZ XI ZR 544/21). Der Hintergrund des Streits: Das Land Nordrhein-Westfalen hatte der Bank 2007 fünf Schuldverschreibungen zu je 20 Millionen Euro ausgegeben. Der vereinbarte variable Nominalzins basierte auf dem 3-Monats-EURIBOR zuzüglich eines Zinsaufschlags von 0,1175 % p.a., wobei die Zinsobergrenze bei 5,00 % p.a. lag.
Ab März 2016 ergab die Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR einen negativen Wert, der bis zum Laufzeitende rund 160.000 Euro ausmachte. Das Land forderte diesen Betrag von der Bank, da in den Darlehensverträgen keine Zinsuntergrenze festgelegt war und argumentierte, dass ihm ein Anspruch auf „Negativzinsen“ zustehe.
Das Landgericht Düsseldorf stimmte dem Land zunächst zu, das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage jedoch ab. Das Land suchte mit einer vom BGH zugelassenen Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der BGH wies die Revision am 9. Mai 2023 zurück und stellte klar, dass der Zins im rechtlichen Sinne als Entgelt für die temporäre Überlassung von Geld zu verstehen ist. Daher kann ein Zins – weil er ein Entgelt ist – nicht negativ werden. Der BGH betonte, dass der Darlehensnehmer weiterhin der Zahler des Zinses sei und dieses Prinzip nicht durch Negativzinsen umgekehrt werde.
Der 11. Zivilsenat des BGH stellte fest, dass auch ohne ausdrückliche Festlegung einer Zinsuntergrenze keine Verpflichtung des Darlehensgebers zur Zahlung von Negativzinsen an den Darlehensnehmer besteht, wenn der Referenzzinssatz unter null sinkt. Dem Zins sei eine Untergrenze von null Prozent immanent, bei deren Erreichen die Pflicht des Darlehensnehmers zur Zinszahlung entfalle.
Die Entscheidung des BGH schafft Rechtssicherheit für Fälle, in denen keine Zinsuntergrenze vereinbart wurde. Dennoch empfehlen wir, eine Zinsuntergrenze zu vereinbaren – beispielsweise in Form eines Euribor-Floors, der die Marge für den Finanzierer sichert, oder zumindest eines Zins-Floors, der verhindert, dass der Gesamtzins negativ werden kann.
Abschließend hat der BGH festgestellt, dass das deutsche Recht grundsätzlich keine Negativzinsen kennt, was in anderen Zusammenhängen relevant sein könnte.
Autorin: Dr. Nadejda Kysel