Die Entwicklung von E-Rollern, das erste fliegende Auto, autonome Lastenrädern, all das ist im Bereich der Technik von Fortbewegungsmittel bereits Realität geworden. Doch damit nicht genug: „In 20 Jahren wird sich der Besitz eines Autos, das nicht autonom fährt, anfühlen wie heute der Besitz eines Pferdes“. Dieses Statement gab Elon Musk bereits 2017 von sich. Auch Angela Merkel glaubt: „Wir werden in 20 Jahren nur noch mit Sondererlaubnis selbstständig Auto fahren dürfen“.

Doch was genau ist autonomes Fahren überhaupt und wird 2027 wirklich niemand mehr selbst fahren? Welche Chancen und Risiken bringt autonomes Fahren mit sich, insbesondere im Logistikbereich? Einen groben Überblick über diese Fragen bietet der folgende Blogbeitrag.

Verschiedene Stufen des autonomen Fahrens

Autonomes Fahren wird grundsätzlich als die automatische Fortbewegung eines Fahrzeugs ohne einen menschlichen Fahrzeugführer verstanden. Tatsächlich wird aber zwischen fünf Stufen des autonomen Fahrens unterschieden:

  1. Assistiertes Fahren (Punktuelle Unterstützung des Fahrzeugführers, z.B. Tempomat, Spurhalteassistent)
  2. Teilautomatisiertes Fahren (Fahrzeug führt Aufgaben selbständig durch, z.B. Überholassistent, automatisches Einparken)
  3. Hochautomatisiertes Fahren (Fahrzeugführer kann sich kurzzeitig von Verkehr abwenden)
  4. Vollautomatisiertes Fahren (Fahrzeugführer wird zum Passagier, muss aber notfalls eingreifen können)
  5. Autonomes Fahren (Kein Passagier hat eine Fahraufgabe, Fahrten ohne Insassen sind möglich)

Aktueller Stand

Seit 2019 werden in Australien in Minen und Bergwerken autonome Fahrzeuge der Stufe 5 getestet. Auch im Container Depot des Hamburger Hafens gibt es seit 2021 einen Probelauf für völlig autonom bewegte LKW. Das Nachfolgeprojekt plant einen vollständig autonomen Hub-to-Hub-Verkehr. Auch auf den Schienen gibt es bereits autonome Fahrzeuge, so gibt es etwa an Flughäfen autonome Shuttlezüge zwischen Terminals oder bereits seit 2008 selbstfahrende U-Bahnen in Nürnberg. In Schweden gibt es eine 300km lange Teststrecke, auf der autonomer Lieferverkehr der Stufe 4 getestet wird. In Marburg wird derzeit an autonomen Lastenrädern gearbeitet, die ausgeliehen werden können und sich anschließend selbständig zurück ins Depot fahren. Es gibt auch bereits Start-Ups, die sich mit dem sogenannten „Telefahren“ (also dem Lenken von Fahrzeugen aus der Ferne) auseinandersetzen und dabei ferngesteuerte LKW auf Firmengeländen oder auch ferngesteuerte Taxi-Services anstreben. Seit diesem Jahr fahren auch bereits autonome Schiffe übers Meer, die nur noch von Computern gesteuert werden. In der Luftfahrt gibt es schon seit längerem Drohnen, die selbständig fliegen können. Auch in normalen Flugzeugen haben die Piloten meist nur bei Start und Landung das Steuer in der Hand, die überwiegende Flugzeit übernimmt das Flugzeug die Steuerung mittels Autopilot.

Um das autonome Fahren im Öffentlichen Straßenverkehr zu ermöglichen, ist im Juli 2021 in Deutschland das Gesetz zum autonomen Fahren in Kraft getreten. Dieses ermöglicht den Regelbetrieb von autonomen Kraftfahrzeugen der Stufe 4 im öffentlichen Straßenverkehr. 2022 hat auch die EU mit der ADS-Verordnung einen Rechtsrahmen für das autonome Fahren der Stufe 4 geschaffen.

Es wird derzeit dennoch davon ausgegangen, dass erst ab 2040 eine größere Anzahl an autonomen Autos im Privatverkehr auf öffentlichen Straßen zum Einsatz kommen. Auch der reguläre Einsatz autonomer Schiffe und LKW lässt wohl noch 10-20 Jahre auf sich warten.

Vorteile

Doch warum wird in der Forschung und Entwicklung so stark an autonomen Fahrzeugen gearbeitet? Abgesehen von dem dauerhaften Streben nach Fortschritt in der Technikbranche bietet autonomes Fahren eine Menge an Vorteilen. Zum einen dient das autonome Fahren der Sicherheit im Straßenverkehr, schließlich beruhen 90 % aller Unfälle auf menschlichen Fehlern. Zum anderen fahren Autos effizienter, sodass es weniger Staus und geringeren Co2-Ausstoß gibt, was sich positiv auf die Umwelt auswirkt. Insbesondere im Güterverkehr bringt das autonome Fahren Vorteile mit sich: So können etwa Personalkosten gespart werden, da selbstfahrende LKW (oder auch Züge) längere Strecken ohne Pause fahren können und weniger bis keine Fahrzeugführer benötigen. Auch können die Fahrzeuge untereinander kommunizieren und dadurch etwa Staus vorbeugen. Zudem würde es mutmaßlich zu weniger Unfällen kommen, somit zu niedrigeren Reparaturkosten und weniger Ausfällen und dadurch auch zu geringeren Versicherungskosten. Wenn der Transport der Waren insgesamt weniger Kosten verursacht, so könnte sich dies letztlich auch positiv auf die Endpreise für Verbraucher auswirken. Es könnte dadurch auch der massiv zunehmende Fahrermangel in der Transportbranche gelöst werden, der sich angesichts der aktuellen Situation gravierend verschärft. Autonome LKW bieten sich vor allem im Hub-to-Hub Verkehr an; dieser verläuft weitestgehend über Autobahnen und hat nur eine relativ geringe situative Komplexität, gleichzeitig leidet diese Transportform aber aufgrund der intensiven Nutzung und Arbeitsbedingungen besonders unter dem Personalmangel. Ferner könnten vor allem auf autonomen Schiffen die baulichen Einrichtungen für das Schiffspersonal weggelassen werden, was zu größeren Frachträumen führt.

Risiken

Neben diesen Vorteilen dürfen jedoch auch die tatsächlichen und rechtlichen Risiken des autonomen Fahrens nicht außer Acht gelassen werden. Rechtliche Regelungen hinsichtlich autonomen Fahrens sind bisher nur vereinzelt auffindbar. Auch müsste diese im Bereich des Gütertransports länderübergreifend gelten, was einen erheblichen gesetzgeberischen Mehraufwand verursacht.

Um autonom Fahren zu können, muss ein Fahrzeug permanent online sein. Dabei kann es leicht zum Ziel von Hackern werden, wodurch eine Missbrauchsgefahr besteht. Um dem vorzubeugen, müssen die Fahrzeuge hinreichend gegen solche Cyberattacken gesichert werden, insbesondere werden regelmäßige Software-Updates benötigt.

Auch bezüglich der Haftung sind noch Fragen offen. Aktuell gilt: Wer als Fahrzeugführer einen Fehler begeht und einen Unfall verursacht, trägt die volle Verantwortung und die eigene Kfz-Versicherung kommt für den Schaden des Unfallgegners auf. Fraglich ist, ob die Versicherung auch in Zukunft zahlt, wenn nicht mehr der Mensch, sondern die Maschine steuert. Beim automatisierten Fahren (Stufe 4) bleibt wohl der Fahrzeugführer in der Verantwortung, wenn er kurzfristig in das Geschehen eingreifen muss, weil das System ihn dazu auffordert. Wie schnell hierbei reagiert werden muss und wo genau wie die Grenzen zwischen Verantwortung des Menschen und des Fahrzeuges zu ziehen sind, bleibt noch zu beantworten. Beim autonomen Fahren (Stufe 5) werden die Insassen zu Passagieren. Sie können nicht mehr eingreifen und müssten daher auch nicht haften. Bei einem Unfall wird jedoch sowohl der Fahrzeughalter als auch die Versicherung des Fahrzeughalters in die Verantwortung genommen werden müssen. Beruht der Unfall auf einem technischen Fehler, kann womöglich der Hersteller in Regress genommen werden.

Es gibt außerdem weitere offene Fragen: Wie können Verkehrsteilnehmer (z.B. ein autonomes Fahrzeug und ein Fußgänger) untereinander kommunizieren, wenn es in Einzelfällen erforderlich sein sollte, oder wie können Fahrzeuge in sog. „Dilemmasituationen“ eine ethisch-moralisch vertretbare Entscheidung treffen, oder was passiert, wenn beispielsweise eine Ampel ausfällt. Ferner müssten automatisierte Fahrzeuge grundsätzlich so programmiert sein, dass sie keine Gesetzesverstöße begehen, weshalb sie bei Unsicherheiten im Zweifel vermutlich einfach stehen bleiben werden, was im Straßenverkehr zu gefährlichen Verkehrssituationen führen kann.

Hinzu kommt die Skepsis vieler Menschen gerade beim Personentransport. Laut einer Umfrage im Jahr 2019 würde sich nur jeder siebte Deutsche in ein Flugzeug ohne Pilot setzen. Die Hemmungen scheinen bei selbstfahrenden Autos zwar nicht ganz so ausgeprägt zu sein, dennoch hatte im Jahr 2022 im Durschnitt jeder Zweite Probleme, sich auf autonomen Auto einzulassen.

Fazit:

Autonomes Fahren bringt aktuell noch Probleme rechtlicher und tatsächlicher Natur mit sich, welche die Gesetzgeber und Entwickler beheben müssen, bevor ein Alltagsbetrieb mit selbstfahrenden Autos oder ein autonomer Gütertransport Realität werden kann. Auch wird es wohl noch einige Zeit und Eingewöhnung dauern, bis die Gesellschaft ihre diesbezüglichen Hemmungen verliert. Trotzdem ist autonomes Fahren insbesondere für den Güterverkehr ein sinnvolles und erfolgsversprechendes Konzept. Egal ob auf Straßen, Schienen oder im Wasser, autonome Fahrzeuge versprechen Vorteile für Umwelt, das Personal(-problem) und die Wirtschaft und damit letztendlich auf für jeden Einzelnen.

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