Zahlungen an den Betreiber eines unzulässigen Online-Glücksspiels können zurückgefordert werden
Zahlungen an den Betreiber eines unzulässigen Online-Glücksspiels können zurückgefordert werden – droht jetzt eine Klagewelle für Betreiber? – LG Köln, Urt. v. 19.10.2021 (16 O 614/20):
Grundsätzlich ist für das Betreiben von Online-Glücksspielen in Deutschland die Erlaubnis einer deutschen Behörde erforderlich. Fehlt es an einer solchen, droht den Betreibern nicht nur behördliches Ungemach. Wie nun aus einem Urteil des LG Köln hervorgeht, können Zahlungen für in Deutschland unerlaubte Online-Glücksspiele sogar zurückgefordert werden. So stelle, jedenfalls nach der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Köln, ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht ein verbotswidriges Verhalten dar, was zur Unwirksamkeit des Vertrages zwischen Glücksspielbetreiber und Verbraucher und letztendlich einer vollständigen Rückabwicklung führen kann.
Sachverhalt
Der Kläger nutzte zwischen 2015 und 2017 das Online-Angebot einer maltesischen Glücksspielbetreiberin und machte dabei ca. 7.000 € Verlust. Die Internetseite wurde unter einer deutschen Domain und in deutscher Sprache betrieben. Die Betreiberin verfügte lediglich über eine Zulassung nach maltesischem, nicht aber über eine solche nach deutschem Recht. In den Vertragsbestimmungen wurden Nutzer darauf hingewiesen, dass die angebotenen Glücksspiele ggf. in einigen Ländern unzulässig seien.
Kenntnis von dem Verbot der angebotenen Glücksspiele erlangte der Kläger erst im Jahr 2020. Im selben Jahr klagte der Nutzer auf Zahlung der erlittenen Verluste nebst Zinsen.
Entscheidung
Das LG Köln gab dem klagenden Nutzer Recht.
Die Beklagte bot ihr Angebot auf Deutsch auf dem hiesigen Markt an und richtete sich damit an deutsche Verbraucher. Beim Anbieten von Glücksspielen im Internet komme es nicht auf den Sitz des Betreibers, sondern den Wohnsitz des Nutzers an. Damit veranstaltete die Beklagte Glücksspiele in Deutschland, wofür eine deutsche Erlaubnis nötig gewesen wäre. Eine im EU-Ausland erteilte Konzession reiche nicht aus. Gerade vor dem Hintergrund des Europäischen Binnenmarktes und der dort geltenden Dienstleistungsfreiheit verspürte das Gericht erhöhten Rechtfertigungsbedarf. Zwar ging es auf die maßgeblichen Probleme in diesem Zusammenhang ein, entschied aber jeweils zulasten der Beklagten.
Grundsätzlich wäre ein Rückforderungsanspruch bei Kenntnis des Verbots durch den Verbraucher ausgeschlossen. Der bloße Hinweis auf etwaige Illegalität im Rahmen der AGB genüge dafür allerdings nicht.
Praxishinweise
Wenngleich es sich lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt, lässt die Entscheidung des LG Köln einige Risiken für Betreiber von Online-Glücksspielen offenbar werden. Klar ist, dass das Urteil Wasser auf die Mühlen nutzerschützender Anwälte geben wird, die längst mit der Vorbereitung einer Klagewelle befasst sind.
So bietet sich Nutzern nun die Möglichkeit, das Verlustrisiko durch die Rückabwicklung des Vertrages auf die Anbieter zu übertragen. Um dem entgegenzutreten, sollte in Zukunft dringend darauf geachtet werden, eine deutsche Zulassung einzuholen. Zusätzlich könnte eine Anpassung der Nutzungsbedingungen und des Webauftrittes Risiken möglicherweise minimieren.
Überdies sollten derartige Fälle kritisch im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit im Rahmen des Europäischen Binnenmarktes gewürdigt werden. Im Rahmen der jüngsten Reform des Glücksspielstaatsvertrages wurden in Deutschland jedenfalls die Weichen in Richtung einer zunehmenden Liberalisierung des Online-Glücksspiels gestellt.
Betreiber sollten sich in jedem Fall auf eine Zunahme von Rechtsstreitigkeiten einstellen. Der Verfasser Thomas Hertl unterstützt Sie dabei gerne.