OVG NRW hält Bereichsausnahme in NRW für anwendbar!
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat in seinem Beschluss vom 16.12.2022 (Az.: 13 B 839/22) entschieden, dass § 13 Abs. 1 RettG NRW der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme nicht entgegensteht.
Die Entscheidung
Nach Ansicht des OVG ist für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme ausschließlich maßgeblich, ob die Rettungsdienstleistungen in dem konkreten Ausschreibungsverfahren durch gemeinnützige Organisationen erbracht werden.
Ob die Rettungsdienstleistungen in der konkreten Ausschreibung von gemeinnützigen Organisationen erbracht werden, liegt wiederum im Ermessen des die Ausschreibung durchführenden Trägers. Insoweit sei – entgegen der Vorinstanz – nicht darauf abzustellen, ob die Ausgestaltung des Landesrechts die Beauftragung gemeinnütziger Organisationen privilegiere. Maßgeblich sei insoweit eine rein europarechtliche Betrachtung des Tatbestandsmerkmals des „erbacht werdens“, nach welcher aufgrund des Wortlauts von Art. 10 lit. h) RL 2014/24, dem Sinn und Zweck der Richtlinie und einer einheitlichen Richtlinienauslegung auf das konkrete Vergabeverfahren abzustellen ist.
Dieser Ansicht stehe auch § 13 Abs. 1 RettG NRW nicht entgegen, da der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 13 RettG NRW klargestellt habe, dass das gegebenenfalls einschlägige Haushalts- und Vergaberecht durch die Vorschrift unberührt bleibe. Eine Klarstellung im Landesgesetz selbst, die lediglich rein deklaratorischen Charakter hätte, sei angesichts des selbstverständlichen Vorrangs des höherrangigen Rechts unterblieben. Somit bestünden auch nach dem erklärten Willen des Landesgesetzgebers keine Anhaltspunkte dafür, dass § 13 Abs. 1 RettG NRW die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme ausschließen sollte. Im Ergebnis würde die Rechtslage in NRW die Entscheidung darüber, ob der Wettbewerb auf gemeinnützige Organisationen beschränkt werde und damit die Bereichsausnahme zur Anwendung komme, in das Ermessen des jeweiligen Trägers stellen. Dieser könne für jede Beschaffung somit entscheiden, ob er von der Bereichsausnahme Gebrauch machen wolle oder nicht. Letztlich unterscheide sich die Rechtslage in NRW damit nicht von der in anderen Bundesländern, wie beispielsweise Hamburg und Brandenburg, in welchen eine ausdrückliche Möglichkeit zur Privilegierung gemeinnütziger Organisationen vorgesehen sei.
Folgen für die Praxis
Mit dieser Rechtsansicht setzt sich das OVG NRW in Widerspruch zu der sich bislang herausgebildeten Rechtsauffassung in den anderen Bundesländern. Denn sowohl die Rechtsprechung in Niedersachsen, Hamburg, Bayern und auch Brandenburg haben es bislang für erforderlich erachtet, dass das Landesrecht die Privilegierung gemeinnütziger Organisationen vorsieht. Regelungen, die wie § 13 Abs. 1 RettG NRW lediglich die gleichrangige Berücksichtigung von gemeinnützigen Organisationen und privaten Anbieter vorsahen, wurden insoweit als unzureichende Rechtsgrundlage für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme erachtet.
Für Nordrhein-Westfalen dürfte die Rechtslage jetzt jedenfalls geklärt sein. Die Anwendung der Bereichsausnahme ist möglich und liegt im Ermessen des jeweiligen Aufgabenträgers.
Es bleibt abzuwarten, ob sich Gerichte anderer Bundesländer dieser Rechtsauffassung anschließen werden.
Autoren: Daniel Bens, Rechtsanwalt, Partner und Martina Hadasch, Rechtsanwältin, Counsel
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