15.03.2023

Eine Sperrungsanordnung gegen einen nicht verantwortlichen Provider von Internetseiten eines ausländischen Online-Glücksspielanbieters ist unzulässig

Eine Sperrungsanordnung gegen einen nach §§ 8-10 TMG nicht verantwortlichen Access-Provider von Internetseiten eines ausländischen Online-Glücksspielanbieters ist unzulässig – OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 31.01.2023 (6 B 11175/22):

Es besteht keine Rechtsgrundlage für die gegen Access-Provider angeordnete Sperrung von Internetseiten eines ausländischen Online-Glücksspielanbieters, wenn dieser nach dem TMG Nichtverantwortlicher ist. Die Anwendung der Auffangermächtigung des § 9 I 2 GlüStV 2021 ist durch § 9 I 3 Nr. 5 Hs. 1 GlüStV 2021 ausgeschlossen. Dies hat das rheinland-pfälzische OVG jüngst in einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz beschlossen und den vorgehenden Beschluss des VG Koblenz abgeändert – OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 31.01.2023 (6 B 11175/22).

Sachverhalt

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder hat gegen den Zugangsvermittler (Access-Provider) eines ausländischen Betreibers von nach Ansicht der Behörde in Deutschland unzulässigem Online-Glücksspiel eine Sperrung von Internetseiten angeordnet. Hiergegen ging der Access-Provider gerichtlich vor. Im einstweiligen Rechtsschutz strebt er nun die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage an und hatte nun in zweiter Instanz Erfolg.

Entscheidung

Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, sofern nicht im Einzelfall anderes gilt. Und anderes gilt nach § 9 II GlüStV 2021 u.a. bei der Vollziehung von Anordnungen der Glücksspielaufsicht i.S.d. § 9 I 3 GlüStV 2021. Dann muss sich der Adressat einer Maßnahme selbst um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bemühen. Dem hilft das Gericht ab, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollziehungsinteresse an der Maßnahme überwiegt. Das Aussetzungsinteresse überwiegt dann, wenn wahrscheinlicher ist, dass der Adressat der Maßnahme die gerichtliche Auseinandersetzung in der Hauptsache gewinnt.

Und genau das nahm das OVG im vorliegenden Fall an. Die gegenüber dem Access-Provider getroffene Sperranordnung sei offensichtlich rechtswidrig. § 9 I 3 GlüStV 2021 enthalte keine sonderordnungsrechtliche Regelung zur Verantwortlichkeit, sondern verweise auf die Regelungen in den §§ 8-10 TMG. Die dort genannten Diensteanbieter sind unter bestimmten Voraussetzungen nicht für von ihnen nur vermittelte Information Dritter verantwortlich. Konkret sah das Gericht die Voraussetzungen des für Access-Provider maßgeblichen § 8 I TMG als für gegeben an. Der Zugangsvermittler veranlasste weder die Übermittlung selbstständig, noch wählte er den Adressaten aus. Auch die übermittelte Information habe er nicht verändert.

Eine eigene Regelung zur Verantwortlichkeit enthalte § 9 I 3 GlüStV 2021 nicht. Für die von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder vertretene vom TMG losgelöste Beurteilung der Verantwortlichkeit sei kein Raum. Die Privilegierung von Providern unter den Voraussetzungen des TMG sei vom Bundesgesetzgeber genau so beabsichtigt worden, um Bedenken der Europäischen Kommission auszuräumen. Auch Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages 2021 ließen anderes nicht zu. Aufgrund der in § 9 I 3 GlüStV erhaltenen Sonderregelung bleibe auch kein Raum für einen Rückgriff auf die allgemeine Auffangermächtigung in § 9 I 2 GlüStV in Verbindung mit den allgemeinen Regelungen zur Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher.

Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass das OVG die Rechtsstellung von Access-Providern von Online-Glücksspielanbietern gestärkt und dem Vorgehen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder in diesem Zusammenhang Grenzen gesetzt hat. Dies ist im Lichte der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt zu begrüßen. Nicht selten unternehmen deutsche Behörden Versuche, Online-Glücksspielbetreibern, die über eine rechtmäßige Lizenz eines europäischen Mitgliedsstaates verfügen, das Anbieten ihrer Leistungen in Deutschland zu erschweren, um vermeintlich illegale Angebote zu begrenzen. Zumeist unterliegen diese Anbieter aber sogar einer strengeren Aufsicht und verfügen über dem deutschen Niveau entsprechende Spielerschutzstandards.

Providern wie auch Online-Glücksspielanbietern steht unser Partner Thomas Hertl und sein Team auf dem Gebiet des Glücksspielrechts vollumfänglich beratend zur Verfügung.

Autoren: Thomas Hertl (Partner) und Tim Wenzel (wissenschaftlicher Mitarbeiter)