09.08.2022

Auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hält die Bereichsausnahme in NRW für nicht anwendbar

Nachdem die Vergabekammer Münster bereits am 15.06. 2022 entschieden hatte, dass die derzeitige rechtliche Situation in Nordrhein-Westfalen die Anwendung der Bereichsausnahme nicht zulasse, hat sich nun auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in einer Eilentscheidung dieser Rechtsansicht angeschlossen.

Sachverhalt

Bereits am 13.07.2022 hatte das Verwaltungsgericht in einem – nunmehr veröffentlichten – Beschluss in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: 15 L 743/22) einen Antrag eines unterlegenen Bieters zurückgewiesen, welcher erreichen wollte, dass die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen ein Auswahlverfahren hergestellt wird, damit das Verfahren nicht durch den Abschluss von Beauftragungsverträgen beendet werden konnte.

Diesem Antrag lag ein von einem Rettungsdienstträger durchgeführtes Auswahlverfahren zugrunde, bei welchem die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB angewendet wurde. Der Antragsteller wollte erreichen, dass das Verwaltungsgericht die Erteilung des Zuschlags an einen anderen Bieter mit einer einstweiligen Anordnung verhindert.

Entscheidung

Der Antrag wurde durch das Verwaltungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieses nicht zuständig sei, denn das Auswahlverfahren würde dem Anwendungsbereich des Vergaberechts nach den Vorgaben des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterfallen. Hierfür seien gemäß § 156 GWB ausschließlich die Vergabekammern zuständig und nicht die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Nach den Vorgaben des Rettungsgesetzes NRW (RettG) sei die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB vorliegend nicht einschlägig, so dass das Auswahlverfahren dem Vergaberecht unterfallen würde. Eine Überprüfung des Verfahrens müsse daher durch die Vergabekammer und nicht die Verwaltungsgerichte erfolgen.

In seiner Begründung beruft sich das Verwaltungsgericht in weiten Teilen auf die Begründung, die bereits die Vergabekammer Münster ihrem Beschluss vom 15.06.2022 zugrunde gelegt hatte.

Hiernach komme es für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme wesentlich auf die Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelung zur Übertragung rettungsdienstlicher Leistungen an. Erfolge eine Privilegierung gemeinnütziger Organisationen, sei der Anwendungsbereich der Bereichsausnahme eröffnet. Bestünde hingegen eine Gleichrangigkeit so könne sich der Auftraggeber nicht auf die Bereichsausnahme berufen. In Nordrhein-Westfalen sehe der maßgebliche § 13 Abs. 1 RettG einen Gleichrang zwischen freiwilligen Organisationen und anderen Leistungserbringern vor, so dass die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme nicht gegeben sei.

Auswirkungen für die Praxis

Nunmehr existieren zwei erstinstanzliche Entscheidungen in Nordrhein-Westfalen, welche die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme nach den Vorgaben des Rettungsgesetzes grundsätzlich ausschließen.

Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die beiden Obergerichte das Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdeinstanz für die Vergabekammer Münster bzw. das Oberverwaltungsgericht Münster als Beschwerdeinstanz für das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen positionieren.

Wie bereits in den News vom 28.06.2022 ausgeführt, ist es für Kommunen in Nordrhein-Westfalen derzeit immer noch sicherer, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen, wenn man rechtliche Risiken vermeiden möchte.

Autoren: Daniel Bens, Rechtsanwalt, Partner und Martina Hadasch, Rechtsanwältin, Counsel