07.06.2018

Gemischtes Bild – Finanzministerium reagiert auf EuGH-Urteil zur Kapitalertragsteuer für EU-Gesellschafter auf Dividenden

Am 20.12.2017 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine wichtige Entscheidung für viele EU-Gesellschafter mit Anteilen an deutschen Kapitalgesellschaften getroffen. Aufgrund der im nationalen deutschen Recht verankerten sogenannten „Anti Treaty Shopping Provision“ war in vielen Fällen bis dato keine Entlastung oder Erstattung von Kapitalertragsteuer auf Dividenden an EU-Gesellschafter möglich. Dies betraf unter anderem viele Real-Estate-Investment-Holdings in Form von Lux S.à r.l.s oder Dutch B.V.s. Nach Ansicht des EuGH ist die Vorschrift EU-rechtswidrig – zumindest für alle Fälle bis 2011. Da jedoch schon ein Folgeverfahren für die Zeit ab 2012 beim EuGH anhängig ist und die Vorschrift des § 50d III EStG zwar 2012 angepasst, jedoch nicht fundamental geändert wurde, bestehen große Chancen, dass auch diese Nachfolgevorschrift EU-rechtswidrig ist.

Ansicht des BMF
Nun hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 04.04.2018 hinsichtlich seiner Ansicht zur unionsrechtskonformen Anwendung des Urteils geäußert. Das BMF akzeptiert diese Entscheidung nun auch für die aktuelle (ab 2012 geltende) Version des Gesetzes, aber nur im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie. Daher ist das BMF-Schreiben nur für grenzüberschreitende Dividenden innerhalb der EU anzuwenden. Dividendenzahlungen an Gesellschaften in den EFTA-Ländern Island, Norwegen und Liechtenstein werden ebenso nicht erfasst wie die an Gesellschaften in Nicht-EU-Ländern. Insbesondere sollen aber solche EU-Dividenden nicht erfasst sein, die „nur“ durch das anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen reduziert werden, aber nicht unter die Mutter-Tochter-Richtlinie fallen. Außerdem gilt es nicht für Lizenzen und Zinsen.

Darüber hinaus fordert das BMF für die aktuelle Version der deutschen „Anti Treaty Shopping Provision“ mehr als nur den Nachweis nachvollziehbarer wirtschaftlicher Gründe für die Zwischenschaltung der ausländischen Gesellschaft, was Gegenstand des EuGH-Falls war.

Man kann daher die Ansicht vertreten, dass dieses BMF-Schreiben wieder nicht mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang steht und damit wiederum EU-rechtswidrig ist.

Praxisfolgen
Im Ergebnis hilft das Schreiben aber ausländischen Konzerngesellschaften, die nicht unter lokale Steuerbefreiungen oder -begünstigungen fallen. Für Real-Estate-Investment-Holdings wird es leider nur teilweise anwendbar sein – und zwar dann, wenn diese nicht aufgrund besonderer Steuerprivilegien von der lokalen Körperschaftsteuer befreit sind, etwa in Luxemburg. In solchen Fällen fallen diese „nur“ in den Anwendungsbereich der Doppelbesteuerungsabkommen, qualifizieren aber nicht für die Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie. Nach Ansicht des BMF wäre dann die EuGH-Rechtsprechung nicht anwendbar.

 

Alexander Lehnen
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer