Das Landgericht Flensburg entschied mit Urteil vom 1. März 2019 (4 O 119/11), dass ein Yachtkaskoversicherer Deckung zu gewähren hat.

Was war passiert?

Im Jahr 2005 war eine Segelyacht vor Schweden auf Grund gelaufen und wurde anschließend repariert. In 2007 wurde die Yacht bei einer Werft überholt. Anhaltspunkte für einen Rumpfschaden bzw. fehlende Seetüchtigkeit zeigten sich hierbei nicht, vielmehr bestätigte die Werft dem Eigner, dass kein Reparaturbedarf bestünde. Bei einer Segelregatta im Jahr 2010 havarierte die Yacht, sie wurde von einem Rettungskreuzer in einen Hafen geschleppt. Der Yachtkaskoversicherer regulierte daraufhin lediglich die Bergungskosten, die Regulierung der Reparaturkosten wurde verweigert mit dem Argument, dass die Yacht bei Beginn der Regatta nicht seetüchtig gewesen sei.

Das Urteil

Der Yachteigner verklagte den Yachtkaskoversicherer auf Regulierung des Reparaturschadens. Das Landgericht Flensburg gab der Klage statt. Ein Deckungsausschluss ergebe sich nicht aus § 138 VVG, wonach der Versicherer nicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der daraus entsteht, dass das Schiff die Reise in einem nicht fahrtüchtigen Zustand antritt. Das Gericht stellt darauf ab, dass es sich bei § 138 VVG nicht um einen objektiven Risikoausschluss handele, es würde vielmehr eine verhüllte Obliegenheit begründet werden.

Hintergrund des § 138 VVG sei, dass der Versicherer nicht für Schäden aufkommen soll, die der Versicherungsnehmer durch eine ordnungsgemäße Instandhaltung seines Schiffes hätte verhindern können. Mit einem Verlust des Versicherungsschutzes müsse der Versicherungsnehmer nur rechnen, wenn er dafür verantwortlich ist, dass sich das versicherte Schiff bei Fahrtantritt in einem nicht verkehrssicheren Zustand befand. Das Landgericht Flensburg stellt darauf ab, dass für eine Leistungsfreiheit nach § 138 VVG ein Verschulden des Versicherungsnehmers im Sinne des § 28 VVG erforderlich sei. Eine objektive Fahruntüchtigkeit reiche nicht aus. Der Versicherer müsse vielmehr nachweisen, dass der Eigner sein Schiff vorsätzlich fahruntüchtig auf die Reise geschickt hat.

Das Landgericht Flensburg argumentiert, dass dem Eigner allenfalls eine einfache Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne. Der Eigner habe seit dem Schaden aus 2005 ohne erkennbare Probleme 17.000 Seemeilen mit der Yacht zurückgelegt und an mehreren Regatten teilgenommen. Zudem habe die Werft bei der Wartung der Yacht im Jahr 2007 dem Eigner bestätigt, dass kein Reparaturbedarf bestünde. Das Landgericht Flensburg kommt zu dem Ergebnis, dass der Eigner bei Beginn der Regatta im Jahr 2010 davon ausgehen durfte, dass die Yacht fahrtüchtig war. Da es dem Yachtkaskoversicherer erst recht nicht gelungen sei, einen Vorsatz des Eigners bezüglich einer möglichen Fahruntüchtigkeit seines Schiffes zu beweisen, wurde der Deckungsklage stattgegeben.

Kommentar

Das Urteil unterstreicht, welch hohe Hürden Yachtkaskoversicherer für eine Deckungsablehnung zu nehmen haben und stärkt die Rechtsposition der Schiffseigner. Es reicht für Versicherer nicht aus, die objektive Fahruntüchtigkeit bei Beginn der versicherten Reise nachzuweisen. Darüber hinaus müssen Versicherer beweisen, dass dem Versicherungsnehmer die Fahruntüchtigkeit bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Dies wird in aller Regel schwerfallen, insbesondere wenn der Eigner wie in dem vom Landgericht Flensburg entschiedenen Fall ohne erkennbare Einschränkungen mit seiner Yacht bis zu dem Antritt der versicherten Reise gefahren ist. Schiffseigner sind daher gut beraten, Deckungsablehnungen nicht vorbehaltlos zu akzeptieren.

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