Sachverhalt

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin beauftragte die Beklagte mit einem Lkw-Transport innerhalb Deutschlands. Im schriftlichen Transportauftrag stand in der Spalte „Sendungsdaten“ nur „13,5 LDM“ (also „13,5 Lademeter“). Auf dem dem Lkw-Fahrer bei Verladung ausgehändigten Frachtbrief war vermerkt: „Theft-endangered goods 479 boxes Computer Equipment“.

In der Nacht wurden aus dem Planen-Lkw der Beklagten, den ihr Fahrer unweit von dem Lager an einem Autohof geparkt hatte, 15 Paletten des Transportgutes gestohlen, deren Wert sich laut Klägerin auf 422.945 EUR belief. Mit der Klage nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines Teils davon in Anspruch, nämlich in Höhe des von ihr regulierten Betrags (250.000 USD). Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

In erster Instanz verurteilte das Landgericht Duisburg die Beklagte zur Zahlung von 250.000 USD mit der Begründung, dass aus dem Frachtbrief hervorgegangen sei, dass es sich bei dem Vertragsgegenstand um besonders diebstahlgefährdete Computerausrüstung gehandelt habe.

Entscheidung

In zweiter Instanz wies das Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage mit der Begründung ab, dass Ansprüche aus der Grundhaftung nach § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt seien und ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S.v. § 435 HGB, das die Verjährungsfrist auf drei Jahre verlängert hätte, nicht festgestellt werden könnten.

Die Sicherheitsvorkehrungen, die der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung treffen muss, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlsgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten

Im vorliegenden Fall fehlt es an der in subjektiver Hinsicht erforderlichen Kenntnis des Frachtführers von der besonderen Gefahrenlage. Der Transportauftrag selbst enthielt keine Angaben über die Art und den Wert der zu transportierenden Güter. Diese konnte die Beklagte dem Frachtauftrag selbst nicht entnehmen. Dort befand sich kein Hinweis auf die Art und den Wert des zu transportierenden Gutes. In der Spalte „Sendungsdaten“ war lediglich „13,5 LDM“ eingetragen.

Zwar ist dem Fahrer der Beklagten mit der verladenen Ware der Frachtbrief ausgehändigt worden, in dem (in englischer Sprache) auf diebstahlgefährdetes Computer Equipment hingewiesen worden ist. Das Gericht hält dies jedoch nicht für ausreichend, um den Frachtführer auf die besondere Gefahrensituation aufmerksam zu machen, da der Frachtbrief zu dem Zeitpunkt der Beladung nur dem Fahrer bekannt war, während es Sache des Auftraggebers gewesen wäre, durch eindeutige Angaben im Frachtauftrag dem Frachtführer die objektiv gegebene besondere Risikosituation bei der Durchführung des Transports zu verdeutlichen.

Der Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert der Güter muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Frachtführer im normalen Geschäftsverlauf eine Entscheidung treffen kann, ob er den Transport angesichts des Wertes des Transportguts überhaupt ausführen will, und auch so rechtzeitig, dass er, falls er sich für die Ausführung entscheidet., noch die notwendigen besonderen Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann.

Eine Leichtfertigkeit des Frachtführers im Sinne des § 435 HGB im Hinblick auf die an seine Beförderung zu stellenden Sicherheitsanforderungen kann in der Regel nicht angenommen werden, wenn ihm die Gefahrenlage erst bei Verladung des Transportguts verdeutlicht wird, weil er dann z.B. das Transportfahrzeug nicht mehr bzw. nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten auswechseln könnte und keinen zweiten Fahrer vor Ort hätte, den er einsetzen könnte.

Kommentar

Das Urteil stärkt die Position des Frachtführers.

Für eine Leichtfertigkeit im Sinne des § 435 HGB reicht es nicht aus, dem Fahrer des Frachtführers die Gefahrensituation erst bei der Verladung des Transportguts deutlich zu machen, da der Frachtführer dann nicht mehr reagieren kann.

Der Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert der Güter muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Frachtführer im normalen Geschäftsverlauf eine Entscheidung treffen kann, ob und wie der Transport ausgeführt werden soll.

ILO — International Law Office

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache herausgegeben von und zuerst veröffentlicht auf www.internationallawoffice.com.

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