Das Oberlandesgericht Hamburg („OLG Hamburg“) hatte über Schadensersatz wegen einer absprachewidrig nicht wasserdichten Verpackung von Maschinenteilen im Zusammenhang mit einer „Fixkostenspeditionsvereinbarung“ (einem Mischvertrag) zu entscheiden. Hierbei besprach es die Behandlung des Mischvertrages, die spezifische Anwendung der Werkvertragsvorschriften, die Folgen der Vereinbarung „FOB German sea port“ und die Untersuchungspflichten nach UN-Kaufrecht („CISG“) und deutschem Handelsrecht.

Sachverhalt

Die Klägerin machte aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin („Versicherungsnehmerin“) gegenüber der Beklagten einen Anspruch geltend auf Ersatz eines Ladungsschadens. Die Versicherungsnehmerin hatte ihren Käufern Maschinenteile „FOB german sea port“ verkauft und die Beklagte mit der seemäßigen Verpackung von Maschinenteilen sowie deren Transport von Süddeutschland bis „fob Hamburg“ für einen festen Betrag beauftragt. Die Beklagte hatte diesen Auftrag an die Nebenintervenientin weitergegeben.

Die Verpackung war sehr aufwändig: eine wasserdichte (seemäßige) Verpackung mit Korrosionsschutz. Die Kosten hierfür machten mehr als die Hälfte der Gesamtkosten aus. Ein Teil der Verpackung sollte auf dem Gelände der Absenderin erfolgen, der überwiegende Teil jedoch in Hamburg (für den Weitertransport zu den Käufern in Korea). Von Hamburg wurden die Maschinenteile planmäßig bis Korea weiterbefördert. Dort stellte man jedoch fest, dass die Maschinenteile aufgrund fehlerhafter Verpackung beschädigt waren; die Beklagte hatte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Verpackung schuldhaft verletzt, diese war gerade nicht wasserdicht gewesen. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin reparierte die Maschinenteile selbst.

Die erste Instanz, das Landgericht Hamburg, gab der Klage überwiegend statt. Hiergegen legte die Beklagte Berufung, die Klägerin Anschlussberufung ein.

Entscheidung

Das OLG Hamburg entschied, dass die Klage dem Grunde nach begründet sei (der Anspruch auf Schadensersatz somit bestehe), jedoch die Sache der Höhe nach nicht entscheidungsreif sei.

Das OLG Hamburg befasste sich insbesondere mit folgenden Punkten:

1. Abgrenzung speditionelle Nebenpflicht — werkvertragliche Hauptleistungspflicht

Das OLG Hamburg folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 207/04, Urteil vom 13.09.2007, und Az. I ZR 150/10, Urteil vom 16.02.2012) und befand, dass auf den hier streitigen Fall Werkvertragsrecht, und nicht Speditionsrecht, anwendbar sei. Anspruchsgrundlage war daher § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 BGB.

Der Grund: Die Übernahme der Verpackung des Gutes durch einen Fixkostenspediteur, der grundsätzlich nicht zur Verpackung verpflichtet ist, in einem einzigen Vertrag kann entweder als „speditionelle Nebenpflicht“ erfolgen, dann wäre Speditionsrecht anzuwenden, oder als selbstständige, unabhängig von der Speditionsleistung bestehende Hauptleistungspflicht (dann Werkvertragsrecht).

Bei solchen gemischten Verträgen sei maßgebend, ob „es sich bei der Verpackung um eine gegenüber der Speditionsleistung zumindest gleichwertige Leistung handelt“. Sofern mehrere gleichwertige Leistungen miteinander verbunden sind, sei der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien regelmäßig so zu deuten, dass auf die jeweilige Leistungspflicht die Rechtsvorschriften anzuwenden sind, die auf sie anzuwenden wären, wenn nicht nur ein, sondern zwei gesonderte Verträge, abgeschlossen worden wären.

Es sei von einer selbstständigen Hauptleistungspflicht auszugehen, wenn der Verpackung im Verhältnis zu dem sich anschließenden Transport eine besondere Bedeutung zukommt, jedenfalls eine gleichwertige Leistung vorliegt. Diese Gleichwertigkeit hatte der BGH in dem Urteil vom 16.02.2012 abgelehnt, da dort das international tätige Speditionsunternehmen grundsätzlich keine Verpackung des Transportguts vornahm und keine Garantie für den Korrosionsschutz übernommen hatte.

Vorliegend nahm das OLG Hamburg die eigenständige Bedeutung der Verpackung der Maschinenteile und somit eine selbstständige Hauptleistungspflicht (Werkvertrag) an und begründete dies damit,

dass die Verpackung sehr aufwändig war,

die Kosten der Verpackung mehr als Hälfte der Gesamtkosten ausmachten und

der Spediteur außerdem nur mit dem Vorlauf zum Seehafen und nicht mit der Beförderung von dem Seehafen nach Übersee beauftragt war.

Das OLG Hamburg war außerdem der Ansicht, dass

„eine Verpackung keine Nebenleistung sein kann, wenn der Spediteur mit der Besorgung des Transports, dem die Verpackung jedenfalls in erster Linie dienen soll, gar nicht beauftragt ist. Dann fehle es schon an der „Beförderungsbezogenheit“.

2. Anscheinsbeweis

Den Kausalzusammenhang zwischen der von dem OLG Hamburg angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten und dem ebenfalls festgestellten Schaden begründete sich durch einen Anscheinsbeweis, das Schadensbild sei typisch für die festgestellten Verpackungsfehler. Die Beklagte konnte den Anscheinsbeweis nicht erschüttern.

Das OLG führte aus:

„Wenn die durch Gesetz oder technische Normen vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen nicht getroffen werden und sich die Gefahr verwirklicht, die durch die Schutzmaßnahme verwirklicht werden soll, spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass der Schaden bei Beachtung der maßgebenden Vorschriften vermieden worden wäre.“

3. Keine Geltung ADSp 2003 und § 377 HGB

Die Haftungsbegrenzung aus Ziff. 23.3. ADSp 2003 befand das OLG Hamburg als nicht anwendbar:

Da hier Werkvertragsrecht anwendbar sei, und nicht Speditionsrecht (s.o.), gehe es bei der Verpackung nicht um eine „speditionsübliche logistische Leistung, die mit der Beförderung von Gütern im Zusammenhang steht“ (Ziff. 2.1. ADSp 2003) oder um eine „speditionsvertragliche Tätigkeit im Sinne der §§ 435 bis 466 HGB“ (Ziff. 2.2. ADSP 2003), der Anwendungsbereich der ADSp 2003 sei daher nicht eröffnet.

377 HGB sei ebenfalls nicht zwischen Versicherungsnehmerin und der Beklagten anwendbar, da dieser sich nur auf Kaufverträge beziehe. Kaufrecht sei auch über § 650 BGB (Werklieferungsvertrag) nicht anwendbar, da es bei dem vorliegenden Vertrag über die Verpackung von Maschinenteilen nicht in erster Linie um die Eigentumsverschaffung an der Kiste ging, sondern diese vielmehr Mittel zum Zweck gewesen sei.

4. Haftung und Untersuchungspflichten bei FOB-Kauf (Versicherungsnehmerin — Käufer)

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin hafte ihren Käufern gegenüber auch dafür, dass die Sendung „ordentlich verpackt an Bord geliefert wird (fob)“. Eine Pflicht zur Untersuchung der Ware hinderte diesen Anspruch hier nicht, da diese sowohl nach den Regeln des CISG, als auch dem deutschen HGB erst in Korea bestanden hätte.

Da nach Parteivortrag deutsches Recht vereinbart worden sei, seien die Regeln des CISG grundsätzlich anwendbar. Der hier vorliegende FOB Kauf sei jedoch gerade das Standardbeispiel für Art. 38 Abs. 2 CISG (mit dem Ergebnis der Untersuchungspflicht in Korea) und nicht Art. 38 Abs. 1 CISG (Untersuchungspflicht in Hamburg).

Dies gelte aber auch, sofern die Regeln des CISG ausgeschlossen, und insofern auf § 377 HGB zurückzugreifen wäre: Zwar sei bei einem FOB Kauf grundsätzlich die Untersuchung im Abladehafen durchzuführen. Dies gelte jedoch nicht, wenn z.B. die Lieferung in verstärkter seemännischer Verpackung vereinbart worden sei.

Kommentar

Die Entscheidung betrifft einen Fall, der in der Praxis deutlich häufiger vorkommen dürfte, als die beteiligten Vertragsparteien denken:

Zwei Parteien schließen einen Vertrag, der nach juristischer Auffassung jedoch mehrere Vertragstypen enthält. Wie im Einzelfall damit umzugehen ist, bedarf stets sorgfältiger Auslegung. Zu begrüßen ist daher, dass das OLG Hamburg der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgte und zugleich Abgrenzungskriterien mit an die Hand gab.

Interessant dürfte hier auch sein, dass das OLG Hamburg für den Fall, dass die Verpackung in erster Linie einem (folgenden, anderen) Transport dienen soll, angibt, dass die Verpackung gar keine speditionelle Nebenleistung sein könne.

Welch weitreichende Konsequenzen die Annahme eines Werkvertrages haben kann, zeigt sich auch: Nicht nur werden Themen des Werkvertragsrechts  diskutiert, sondern auch die ADSp 2003 für nicht anwendbar erklärt. Aufgrund der Haftungsbeschränkung ist letzteres keine Kleinigkeit.

Hinsichtlich der Untersuchungspflichten ist festzuhalten, dass auch wenn in diesem Fall ein identisches Ergebnis nach HGB und CISG bestand, dies nicht immer sein muss. Bei der Wahl deutschen Rechts wäre das CISG anwendbar – falls gewünscht, muss das CISG gesondert ausgeschlossen werden.

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