Nach § 425 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Der Frachtführer haftet damit grundsätzlich verschuldensunabhängig im Rahmen der ihn treffenden Obhutshaftung. Nach §§ 426, 427 HGB kann sich der Frachtführer dann auch grundsätzlich nur bei Vorliegen von Umständen von seiner Haftung befreien, die er auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.

Als Ausgleich für diese verschuldensunabhängige Obhutshaftung des Frachtführers sind in § 431 HGB summenmäßige Haftungsbegrenzungen bei Verlust oder Beschädigung des Gutes (§ 431 Abs. 1 HGB) sowie bei einer Überschreitung der Lieferfrist (§ 431 Abs. 3 HGB) vorgesehen. Diese Haftungsbeschränkungen gelten allerdings nicht, wenn dem Frachtführer oder den in § 428 HGB genannten Personen („seinen Leuten“) ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB zur Last fällt.

Die Absender von insbesondere wertvollen – und damit besonders diebstahlsgefährdeten – Gütern erteilen den von ihnen beauftragten Frachtführern oftmals Weisungen, wie sie zur Vermeidung eines Verlustes – etwa durch Diebstahl – mit dem Gut während des Transports umzugehen haben. Dies geschieht häufig in von den Absendern einseitig gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es stellt sich dann allerdings die Frage, ob die AGB des Absenders in den erteilten Transportauftrag einbezogen worden sind und ob die erteilte Weisung auch wirksam ist.

Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 23. Juli 2020 − I ZR 119/19) war folgende Klausel:

Werden beladene Fahrzeuge geparkt, so sind sie zu überwachen oder dort abzustellen, wo ausreichend Sicherheit gewährleistet ist.“

Der mit Transportgut im Wert von angeblich 1,09 Millionen Euro beladene Sattelauflieger war während der Nachtzeit nach dem Abkoppeln von der Zugmaschine separat in einem unbewachten Gewerbegebiet abgestellt und dort gestohlen worden.

Das Berufungsgericht hatte die von dem Absender erteilte Weisung für wirksam erachtet und angenommen, deren Nichtbeachtung durch den Frachtführer stelle ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB dar. Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber entschieden, die in Rede stehende Klausel in den AGB des Absenders sei unklar und daher zu Gunsten des Frachtführers dahin auszulegen, dass sie dem Frachtführer bezüglich des Parkens von Fahrzeugen keine über das gesetzliche Maß hinausgehenden Sorgfaltspflichten auferlegt.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist nur der erste Teil der in Rede stehenden Klausel („beladene geparkte Fahrzeuge sind zu überwachen“) eindeutig formuliert. Den weiteren Inhalt der Klausel hat der Bundesgerichtshof für unklar und damit unwirksam erachtet. Die Weisung, beladene Fahrzeuge nur an Orten abzustellen, an denen „ausreichende Sicherheit“ gewährleistet sei, könne auf Grund der offenen Formulierung auch in der Weise verstanden werden, die nicht über das hinausgehe, was von einem Frachtführer schon von Gesetzes wegen verlangt werde.

Da beide Varianten der Klausel mit „oder“ verknüpft seien, führe die Auslegung der Klausel dazu, dass der Frachtführer nicht unbedingt die Pflicht gehabt habe, das geparkte Fahrzeug zu überwachen. Der Frachtführer habe im Ergebnis nur den ohnehin geltenden Sorgfaltspflichten genügen müssen. Damit habe keine besondere vertragliche der Sicherung des Transportguts dienende Sorgfaltspflicht vorgelegen, gegen die der Frachtführer verstoßen habe. Dies habe zur Folge, dass ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers im Sinne von § 435 HGB hierauf nicht gestützt werden könne.

Lessons Learned

Die Klausel in den AGB eines Absenders, wonach beladene Fahrzeuge beim Parken zu überwachen oder dort abzustellen sind, wo ausreichende Sicherheit gewährleistet ist, verpflichtet den Frachtführer nicht mit über das gesetzliche Maß hinausgehenden Sorgfaltspflichten.

Formulieren Sie also Ihre Absender-AGB und Rahmentransportverträge deutlich, insbesondere wenn die AGB Weisungen an den Frachtführer enthalten sollen, die bei Verstoß eine unbeschränkte Haftung auslösen würde.

Gleiches gilt für individuell erteilte Weisungen. Geben Sie präzise an, welche Sicherheitsanweisungen ein Frachtführer einhalten soll.

Unklarheiten bei Weisungen gehen zu Lasten des Absenders und begünstigen den Frachtführer.

Die Entscheidung

Diesem Blogartikel liegt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Juli 2020 mit dem Az.: I ZR 119/19 zugrunde, auf das im Übrigen verwiesen wird.

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