NEUES zur INSOLVENZORDNUNG und dem UNTERNEHMENSSTABILISIERUNGS- und RESTRUKTURIERUNGSGESETZ, November 2022

COVInsAG wird zum SanInsKG

Der Gesetzgeber reagiert auf die angespannte Marktsituation bei der Lieferung von Energie und Rohstoffen. Das in Zeiten der Pandemie geschaffene COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz wird nun zum sanierungs- und insolvenzrechtlichen Krisenfolgenabmilderungsgesetz („SanInsKG“) umbenannt.

Das Gesetz bezweckt eine Verbesserung des Planungshorizonts bei sich anbahnenden oder bereits eingetretenen Unternehmenskrisen durch die Verkürzung von gesetzlichen Fristen und Zeiträumen im Restrukturierungs- und Insolvenzrecht.

Was ändert sich für Sie konkret?

Für die Geschäftsleitung sind dabei folgende Regelungen von Relevanz, insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen Verschleppungshaftung (§ 15a InsO) und/oder der insolvenzrechtlichen Haftung wegen verbotenen Zahlungen in der Krise (§ 15b InsO):

  1. Die Höchstfrist für geschäftsleitende Organe zur Stellung eines Insolvenzantrags bei eingetretener Überschuldung wird von derzeit sechs Wochen auf acht Wochen verlängert. Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liegt vor, wenn das Unternehmensvermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich (50%+x).
  2. Die zeitliche Betrachtung zur Feststellung einer solchen positiven Fortbestehensprognose wird von derzeit zwölf auf vier Monate eingeschränkt. Diese gesetzliche Erleichterung gilt auch für bereits unter dem zwölfmonatigen Planungshorizont überschuldete Unternehmen, wenn und soweit die Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags noch nicht überschritten wurde.
  3. Im Rahmen der Unternehmenssanierung wird die dem Gericht vorzuweisende Finanzplanung auf einen Zeitraum von ursprünglich sechs auf nur vier Monate reduziert. Dies gilt für einen Restrukturierungsplan gemäß StaRUG zur Erlangung einer Stabilisierungsanordnung außerhalb eines Insolvenzverfahrens aber auch innerhalb eines (vorläufigen) Insolvenzverfahrens für die Eigenverwaltungsplanung (Schuldner bleibt weiterhin verwaltungs- und verfügungsbefugt ohne einen Insolvenzverwalter). Die Planung soll dabei eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthalten, durch welche insbesondere die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes in diesem verkürzten Zeitraum sichergestellt werden soll.

Wo liegen die Besonderheiten?

Vor dem Hintergrund dieser Anpassungen sind weiter folgende Punkte durch die Geschäftsleitung zu berücksichtigen:

  • Die gesetzlichen Erleichterungen gelten zunächst ausschließlich für den Zeitraum vom 9. November 2022 bis einschließlich zum 31. Dezember 2023.
  • Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages wegen einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bleibt unverändert bei der Höchstfrist von 3 Wochen. Dies ist vor allem für KMU’s relevant, da die weit überwiegende Anzahl von Insolvenzantragsstellungen aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO erfolgt.
  • Das neue Gesetz verzichtet auf einen kausalen Zusammenhang zwischen den Unsicherheiten bei der weiteren Finanzprognose des Unternehmens und den Preisvolatilitäten an den Energiemärkten. Die Erleichterungen gelten insoweit uneingeschränkt.
  • Soweit für die Geschäftsleitung in weniger als vier Monate vor dem Ablauf zum 31. Dezember 2023 feststeht, dass ihr Unternehmen nach diesem Stichtag wieder unter der herkömmlichen zwölfmonatigen Betrachtungsweise überschuldet sein wird, kann dies bereits im Rahmen der zeitlich eingeschränkten Fortbestehensprognose zu berücksichtigen sein, was zu einem Effizienzverlust der Regelung führt.

FAZIT

Die Auswirkungen des SanInsKG auf derzeitige und kommende Unternehmenskrisen dürften überschaubar sein angesichts des praktisch eher wenig relevanten Insolvenzgrunds der Überschuldung. Zudem droht die erneute Gefahr von Fehlinterpretationen durch die allgemeine Ankündigung von neuen Antragserleichterungen für Krisenunternehmen. Hilfreich ist sicherlich die Einschränkung des Betrachtungszeitraumes bei der Finanzplanung zur Erleichterung der Unternehmenssanierung aufgrund des anhaltenden wirtschaftlichen Krisenmodus.

Für die Geschäftsleitung insbesondere von haftungsbeschränkten Unternehmen bringt dies aber zugleich im Rahmen ihrer Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement (§ 1 StaRUG) mit sich, sämtliche verfügbaren Optionen im Krisenfall zu kennen und ihre Umsetzbarkeit prüfen zu müssen. Gerne unterstützen wir Sie bei den dargestellten Themen und zeigen Ihnen maßgeschneiderte Handlungsoptionen, Risiken und mögliche Präventionsmaßnahmen auf. Gerne lassen wir Ihnen auch weitere Informationen zeitnah zukommen und stehen für eine anwaltliche Beratung gerne zur Verfügung.

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