Das EU-Parlament hat im Rahmen der Reform der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) am 8. Oktober 2025 für ein künftiges Verbot der Verwendung von Begriffen wie, „Wurst“, „Burger“, „Steak“ oder „Schnitzel“ für pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte gestimmt. Ein solches Verbot hätte weitreichende Auswirkungen für die Hersteller – vor allem in Hinblick auf die Produktbenennung und die Vermarktung. Rechtlicher Anknüpfungspunkt des zugrundliegenden Änderungsantrags ist Art. 17 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)), der Vorgaben für die Bezeichnung von Lebensmitteln aufstellt. Der Beschluss des EU-Parlaments stellt allerdings noch kein verbindliches EU-Recht dar, sondern bedarf zunächst der Zustimmung der 27 EU-Staaten.

Inhalt des Parlamentsbeschlusses

Der Kern des Parlamentsbeschlusses besteht in der Forderung, dass Begriffe, die „traditionell“ für Fleischprodukte verwendet werden, wie „Wurst“, „Burger“, „Steak“ oder „Schnitzel“, künftig ausschließlich Erzeugnissen tierischen Ursprungs vorbehalten sein sollen. Das Parlament spricht sich damit klar für eine restriktive Handhabung bei der Kennzeichnung pflanzlicher Fleischalternativen aus. Hersteller pflanzlicher Alternativen aus Soja, Erbsen oder ähnlichen Zutaten sollen bestimmte Bezeichnungen für ihre Fleischersatzprodukte künftig nicht mehr verwenden dürfen. Die genaue Ausgestaltung, insbesondere die Festlegung einer verbindlichen Liste geschützter Begriffe und etwaiger Ausnahmen, wäre im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu verhandeln. Ziel des Parlaments ist es, mit der vorgeschlagenen Regelung eine unionsweit einheitliche Rechtslage zur Bezeichnung pflanzlicher Fleischersatzprodukte zu schaffen. Der Beschluss steht im Einklang mit der bereits im Milchsektor etablierten Regulierungspraxis: Durch die Gemeinsame Marktorganisation (GMO) wurden bereits Begriffe wie „Milch“, „Butter“ und „Joghurt“ gesetzlich geschützt und dürfen ausschließlich für tierische Erzeugnisse verwendet werden.

Rechtlicher Hintergrund

Ausgangspunkt der aktuellen Reformüberlegungen ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 4. Oktober 2024 (Rs. C-438/23). Darin stellte das Gericht klar, dass die Mitgliedsstaaten nicht eigenständig die Verwendung fleischtypischer Bezeichnungen für pflanzliche Produkte verbieten dürfen. Als Begründung führte der EuGH den unionsrechtlichen Grundsatz der Vollharmonisierung im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung an. Da die Lebensmittelinformationsverordnung diesen Bereich abschließend regele, stünden nationale Einzelregelungen im Widerspruch zum Vorrang des EU-Rechts.

Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen der laufenden Reform der GMO eine einheitliche unionsweite Regelung diskutiert. Die GMO-Verordnung bildet die Grundlage des europäischen Agrarmarktrechts und legt unter anderem fest, welche Produktbezeichnungen im Binnenmarkt geschützt oder eingeschränkt sind. Der dem Beschluss zugrunde liegende Vorschlag zielt auf eine Anpassung des Agrar- und Lebensmittelrechts ab und enthält einen Änderungsantrag, der vorsieht, die Verwendung fleischbezogener Bezeichnungen für pflanzliche Produkte zu untersagen. Bezeichnungen, die „traditionell“ mit Fleischprodukten assoziiert werden, sollen künftig ausschließlich für diese zulässig sein. Der Änderungsantrag beruft sich dabei auf Art. 17 LMIV, der die rechtliche Bezeichnung von Lebensmitteln regelt, als auch auf den Verbraucherschutz des Art. 7 LMIV, der irreführende Kennzeichnungen untersagt.
Die vorgeschlagene Maßnahme soll demnach sicherstellen, dass Verbraucher durch die Bezeichnungen pflanzlicher Produkte hinsichtlich deren Beschaffenheit oder Herkunft nicht getäuscht werden.

Juristische Einordnung

Der Beschluss des Europäischen Parlaments bewegt sich juristisch in einem Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz, Markttransparenz und unternehmerischer Freiheit.

Im Lichte der europäischen Rechtsprechung erscheint die Maßnahme aus Sicht der Unterstützer des Änderungsantrags folgerichtig, um das Ziel einer einheitlichen, unionsweiten Regelung zulässiger Produktbezeichnungen zu erreichen. Schließlich verdeutlichte bereits das Urteil des EuGH vom 4. Oktober 2024, dass die Zuständigkeit zur Festlegung zulässiger Produktbezeichnungen für Fleischersatzprodukte bei der Europäischen Union liegt. Unter Berufung auf das Ziel des Schutzes der Verbraucher vor irreführender Kennzeichnung (Art. 7 LMIV) soll ein weiterer Schritt im Zuge der angestrebten Harmonisierung zur Schaffung von Rechtsklarheit und -sicherheit im Binnenmarkt gemacht werden.

Kritiker des Verbots argumentieren insbesondere, dass keine Irreführung der Verbraucher vorliege, da Begriffe, wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“ im allgemeinen Sprachgebrauch bereits etabliert seien und keine ernstzunehmende Verwechslungsgefahr mit tierischen Produkten begründeten. Darüber hinaus werden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, da ein pauschales Verbot solcher Begriffe einen Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Hersteller darstellen könnte, wie sie in Artikel 16 der EU-Grundrechtecharta garantiert ist.

Handlungsbedarf für die Hersteller

Sollte der Beschluss des Europäischen Parlaments in den anstehenden Trilogverhandlungen mit Rat und Kommission in seiner derzeitigen Form bestätigt und als EU-Verordnung verabschiedet werden, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen der Lebensmittelbranche.

Hersteller pflanzlicher Fleischalternativen wären verpflichtet, ihre Produktbezeichnungen, Etiketten und Marketingmaterialien daraufhin zu überprüfen, ob diese Begriffe enthalten, die künftig als „fleischtypisch“ und damit rechtlich geschützt geltend könnten. Bezeichnungen wie „vegane Wurst“ oder „Veggie-Steak“ wären nach der neuen Regelung unzulässig, sofern Begriffe wie „Wurst“ oder „Steak“ als ausschließlich tierischen Produkten vorbehalten definiert würden. Auch Marken, die auf solche Bezeichnungen zurückgreifen, könnten unter Umständen als irreführend im Sinne von Art. 7 LMIV eingestuft werden.

In der Folge müssten Produkte wie „vegane Salami“ oder „vegane Hackbällchen“ künftig unter Bezeichnungen wie „pflanzlicher Aufschnitt“, „pflanzliche Bratlinge“ oder anderen treffenden Bezeichnungen vermarktet werden. Ein solcher Re-Branding-Prozess würde insbesondere für kleinere und mittelgroße Unternehmen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung darstellen.

Ihr Ansprechpartner im Lebensmittelrecht

Der Beschluss des Europäischen Parlaments stellt aus unionsrechtlicher Sicht einen konsequenten Schritt zur Harmonisierung des Lebensmittelkennzeichnungsrechts dar. Er signalisiert das Bestreben, Verbraucherinformation und Markttransparenz unionsweit einheitlich zu regeln. Gleichzeitig wirft die Maßnahme Fragen im Hinblick auf die Notwendigkeit und die Vereinbarkeit mit der unternehmerischen Freiheit auf. Ob die Regelung in der vorliegenden Form Bestand haben wird, hängt maßgeblich davon ab, wie die anstehenden Trilogverhandlungen verlaufen.

Für betroffene Unternehmen der Lebensmittelbranche bedeutet dies vor allem: rechtzeitige rechtliche und strategische Vorbereitung. Auch wenn die neue Regelung noch nicht in Kraft ist, zeichnet sich bereits ab, dass die Verwendung fleischtypischer Bezeichnungen für pflanzliche Produkte künftig deutlich restriktiver gehandhabt werden könnte. Hersteller pflanzlicher Fleischalternativen sind daher gut beraten, ihre bestehenden Produktbezeichnungen, Markennamen und -logos, Etiketten und Marketingstrategien frühzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls alternative, rechtskonforme Bezeichnungen zu entwickeln.

Wir unterstützen mit dem ASD|INTELLECTUAL PROPERTY Team Unternehmen bei dieser Aufgabe.

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