Gerade bei internationalen Beförderungen unter Einschluss einer Luftstrecke streiten die Parteien im Schadensfall oftmals über die Reichweite des internationalen Luftverkehrsabkommens (Montrealer Übereinkommen von 1999, kurz MÜ 1999) und dessen Abgrenzung zum nationalen Recht.

Das Landgericht Hamburg hat hierzu in der folgenden Entscheidung Stellung genommen.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einer grenzüberschreitenden Güterbeförderung aus den USA nach Deutschland. Die Sendung wurde per Luftfracht nach Deutschland befördert und kam in einem Umschlagslager auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main abhanden. Von dort aus sollte die Sendung per Lkw zum Zielort befördert werden.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz auf Basis des deutschen Transportrechts und lehnt eine Schadensregulierung auf Basis des Montrealer Übereinkommens ab. Der Schadensersatz wäre nach MÜ 1999 im konkreten Fall auf 19 Sonderziehungsrechte je Kilogramm der verlorenen Sendung beschränkt gewesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der beklagte Spediteur unbegrenzt hafte. Dem Montrealer Übereinkommen ist eine Haftungsdurchbrechung fremd; nach deutschen Recht kann es unter Umständen eine höhere Haftung als die dort im HGB vorgesehenen 8,33 Sonderziehungsrechte je Kilogramm geben.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Hamburg hat die Klage im Ergebnis abgewiesen.

Der Anwendungsbereich deutschen Frachtrechts (vgl. §§ 407 ff. HGB) ist noch nicht eröffnet gewesen. Die Lagerung unterfällt noch dem Schutzbereich des Montrealer Übereinkommens 1999. Dessen Anwendung endet nach Auffassung des Landgerichts erst mit Abschluss der Beladung des Lkw für die nachfolgende Transportstrecke. Eine solche Beladung war jedoch noch nicht erfolgt. Der Verlust geschah unstreitig vorher.

Praxishinweis

Der Zeitraum der Luftbeförderung umfasst nach Art. 18 Abs. 4 S. 1 Montrealer Übereinkommen 1999 nicht die Beförderung zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass alle Schäden auf dem Flughafen dem Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens unterfallen. Bei unbekanntem Schadensort erstreckt Art. 18 Abs. 4 S. 2 Montrealer Übereinkommen 1999 den Anwendungsbereich sogar auf die außerhalb des Flughafens gelegenen Strecken.

Daher ist die Entscheidung des Landgerichts Hamburg richtig. Der Schadensort lag auf dem Flughafen. Alle Betrachtungsweisen führen damit zu einer Anwendung des Montrealer Übereinkommens 1999.

Beachte:
Der Bundesgerichtshof hat die Anwendung des Montrealer Übereinkommens 1999 in der Vergangenheit sogar auf Schäden in Lägern außerhalb des Flughafens erstreckt (Urteil vom 24. Februar 2011, I ZR 91/10). Grund hierfür war, dass über den Transport ein Luftfrachtbrief ausgestellt worden ist und der Luftfrachtführer die Sendung noch nicht aus seiner Obhut gegeben hatte.

LG Hamburg, Urteil vom 23. Januar 2020, 407 HKO 23/19

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