In dem nachfolgenden Beitrag wird kurz auf den generellen rechtlichen Rahmen für staatliche Beihilfen gemäß des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) und danach auf den darauf bezogenen beihilferechtlichen Rahmen der EU Kommission aufgrund der COVID-19 Pandemie eingegangen und in diesem rechtlichen Rahmen das staatliche Rettungspaket der Bundesregierung für die Lufthansa, inklusive der stillen Beteiligung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes (WSF) und der Abgabe von Slots erläutert.

Rechtlicher Rahmen von staatlichen Beihilfen

Gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist.
Als mit dem Binnenmarkt vereinbar können aber Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats angesehen werden (Art. 107 Abs. 3 b) AEUV).

Um unlautere Vorteile gegenüber vergleichbaren Branchen oder Firmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten zu vermeiden, muss ein Staat die EU-Kommission grundsätzlich vor Vergabe geplanter Subventionen und anderer Beihilfen zur Stützung heimischer Wirtschaftszweige und einzelner Unternehmen von seinem Vorhaben informieren. Die EU-Kommission genehmigt normalerweise rund 85 Prozent aller gemeldeten Beihilfen bereits nach erster Prüfung.

In dem Prozess prüft die Kommission,

ob ein Mitgliedstaat tatsächlich Beihilfe gewährt,

ob die Beihilfe den zwischenstaatlichen Handel in der EU beeinträchtigt, und

ob es sich um eine selektive Beihilfe handelt bzw. ob es Wettbewerbsverzerrungen gibt.

Beihilferechtliche Richtlinien der EU-Kommission aufgrund von COVID-19

Im Rahmen der COVID-19 Pandemie hat die EU-Kommission am 19. März 2020 einen befristeten Rahmen angenommen, der die EU-Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2020 in die Lage versetzt, den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum zu nutzen, um die Wirtschaft zu unterstützen.

Dieser befristete Sonderrahmen wurde von der Europäischen Kommission mehrfach erweitert. Durch die Erweiterung vom 08. Mai 2020 dürfen Mitgliedstaaten u.a. durch sog. Rekapitalisierungsmaßnahmen die Eigenkapitalbasis Corona-bedingt in die Krise geratener Unternehmen stärken. Erfasst sind unter anderem der Erwerb von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Genussrechten, stillen Beteiligungen, Wandelanleihen und Anteilsübernahmen. Durch die Aufnahme von Rekapitalisierungsmaßnahmen konnte auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes (WSF) seine Arbeit aufnehmen. Die Bundesregierung hatte den WSF bereits am 24. März 2020 bei der Europäischen Kommission gemeldet.

Allerdings muss eine staatliche Beihilfe weiterhin durch die EU Kommission genehmigt werden und die Genehmigung hängt davon ab, wie die konkrete nationale Beihilfemaßnahme konzipiert und umgesetzt wird. So müssen insbesondere Anreize geschaffen werden, damit die staatliche Beihilfe tatsächlich nur zeitlich begrenzt ist. Von daher geben die Richtlinien der EU-Kommission für Rekapitalisierungsmaßnahmen u.a. Folgendes vor:

wenn 6 Jahre nach der Rekapitalisierung eines an der Börse gelisteten Unternehmens der Ausstieg des Staates zweifelhaft ist, muss der EU Kommission ein Restrukturierungsplan vorgelegt werden;

bis zum Ausstieg des Staates dürfen keine Dividenden ausgezahlt werden und auch Aktienrückkäufe sind verboten; und

bis wenigstens 75% an den Staat zurückgezahlt wurden, dürfen keine Boni an das Management ausgezahlt werden.

Staatliches Rettungspaket für Lufthansa im Kontext des Beihilferechts

Das staatliche Rettungspaket der Bundesregierung für die Lufthansa hat einen Rahmen von EUR 9 Milliarden. Das Hilfskonzept sieht ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Höhe von 3 Milliarden vor sowie 6 Milliarden als stille Einlage aus dem für Corona-Hilfen eingerichteten WSF. Dafür soll der WSF mit 20% an der Deutschen Lufthansa AG beteiligt werden und außerdem eine sog. Wandelanleihe bekommen, die in weitere 5% plus eine Aktie umgetauscht werden kann.

Zudem setzte die Regierung durch, dass Lufthansa in den nächsten 3 Jahren 80 neue (bereits bestellte) Flugzeuge von Airbus abnehmen muss. Denn der Kauf der bestellten Flugzeuge helfe auch das Überleben von Airbus zu sichern und trage dazu bei, die Flotte umweltfreundlicher zu machen. Aus letzterem Grund muss Lufthansa im Rahmen des Rettungspakets auch ihre Kooperationen für umweltfreundlichere Flugzeugkraftstoffe ausweiten.

Damit die Staatshilfe in den kommenden Jahren den Wettbewerb nicht verzerrt, haben sich der Bund und das Lufthansa Management zudem verpflichtet, dass die Lufthansa keine anderen europäischen Airlines kauft, solange der Staat mitwirkt.

Schließlich sollen in dem Rettungsdeal weitgehende Vergütungsbeschränkungen für den Konzernvorstand, die Vorstände der Konzerngesellschaften sowie das Management vorgesehen sein. Neben dem – bereits genannten – generellen Verbot Boni und Dividenden auszuzahlen, heißt es, dass die Vorstandsmitglieder bis Ende September auf ein Fünftel ihrer Grundvergütung verzichten müssen.

Zunächst hatte jedoch der Aufsichtsrat der Lufthansa seine Zustimmung zu dem Rettungspaket aufgrund der Auflagen der EU-Kommission zur Abgabe von Slots an den Flughäfen München und Frankfurt verweigert und in diesem Zusammenhang wurde wiederholt von Vertretern der Lufthansa geäußert, dass u.U. ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, den Staatshilfen vorzuziehen sei. Nach weiteren Verhandlungen über die Anzahl der abzugebenden Slots hat der Aufsichtsrat dann aber doch zugestimmt. Nach eigenen Angaben wird Lufthansa insgesamt 24 Slots (Start- und Landerechte) abgeben, was jeweils 4 Flugzeugen an den Flughäfen Frankfurt und München entspricht.

Diese freiwerdenden Slots stehen neuen Wettbewerbern oder falls kein neuer Wettbewerber von der Option Gebrauch macht, vorhandenen Wettbewerbern (wie z.B. Easyjet und Ryanair) zur Verfügung. Die Verordnung (EWG) Nr. 95/93 (zuletzt am 31. März 2020 geändert) beinhaltet die Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen (zur Landung und zum Start) auf bestimmten (koordinierten) Flughäfen in der EU.

Am 25. Juni 2020 müssen noch die Aktionäre der Lufthansa auf einer außerordentlichen Hauptversammlung dem Rettungspaket zustimmen. Schließlich muss es – wie bereits erwähnt – auch noch von der EU Kommission genehmigt werden. Die EU Kommission hat aber bereits das jeweilige staatliche Rettungspaket für die Airlines Air France/KLM sowie Alitalia genehmigt.

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