Wer haftet bei der Bereitstellung eines eigens beauftragten Kranunternehmens für ein falsch eingelegtes Hubseil durch den Kranführer?

Was war passiert?

Es sollten insgesamt sechs neue Containerbrücken errichtet werden, also Großkräne, mit denen Containerschiffe be- und entladen werden. Die Klägerin bietet den Bau und die Montage von Kränen und Hafeninfrastrukturanlagen an. Zur Errichtung der großen Krananlagen sind weitere Kräne erforderlich, die die großen und teilweise tonnenschweren Einzelteile auf die entsprechenden Höhen anheben, damit diese dort montiert werden können. Für die Kranarbeiten beauftragte die Klägerin die Beklagte. Bei der Beklagten handelt es sich um einen international bekannten Anbieter von mobiler Kran- und Hebetechnik.

Jede Containerbrücke verfügt über ein eigenes Maschinenhaus, welches zur Montage ebenfalls nach oben gehoben werden muss. Die Beklagte stellte zwei große Raupenkräne und dazu erforderliches Personal bereit, um in einem sogenannten Tandemhub mit zwei Kränen das Maschinenhaus anzuheben.

Bei der Umrüstung der Kräne für den Hub wurde jedoch das Hubseil eines der beiden Raupenkräne falsch eingelegt. Anstatt in die dafür vorgesehene Lastrolle wurde das Seil in eine Führungsrolle eingelegt. Eine Führungsrolle dient dazu, das Hubseil zu stabilisieren, damit das Seil während des Betriebs nicht aus der Lastrolle springen kann. Eine Führungsrolle ist nicht geeignet die Last zu tragen und besteht oftmals aus Kunststoff.

Beim anschließenden Hubvorgang wurde die Führungsrolle sowie das darüber laufende Hubseil stark beschädigt. Der Draht grub sich durch den Kunststoff der Führungsrolle und kam in Kontakt mit der darunter befindlichen Stahlachse. Schlussendlich kam es zum Drahtbruch an dem Kran und die Last des tonnenschweren Maschinenhauses fiel vollständig in den zweiten Raupenkran. Da der zweite Kran alleine die Last und die dabei zusätzlich entstehenden dynamischen Kräfte nicht anfangen konnte, fiel das Maschinenhaus aus einer Höhe von über 50 Meter ungebremst zu Boden und zerschellte dort.

Das völlig zerstörte Maschinenhaus und die dadurch weiter entstandenen Schäden machte die Klägerin nun von der Beklagten geltend. Insgesamt entstand ein Schaden im Bereich von mehreren Millionen Euro.

Worum geht es?

Die beklagte Kran-Vermieterin verteidigte sich unter anderem damit, dass es sich bei dem zugrundeliegenden Vertrag um einen kombinierten Maschinenvertrag mit einer Verschaffung der Dienste eines geeigneten Kranführers und somit auch um ein Leiharbeitnehmerverhältnis handeln soll. Dies hätte zur Folge, dass die Beklagte für die von ihr eingebrachten Mitarbeiter nicht verantwortlich sei, auch wenn die fehlerhafte Seilführung auf ein Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter zurückzuführen sei.

Die Beklagte stellte für den Hubvorgang unter anderem den Kranführer des Unfallkrans, einen Supervisor zur Koordinierung des Tandemhubs und beauftragte weiteres Hilfspersonal zur Einlegung der Seile (sog. Rigger) beim Umrüsten des Krans. Die fehlerhafte Einlegung des Seils erfolgte in Verantwortung des Kranführers und unter Unterstützung des weiteren Hilfspersonals. Dennoch wollte die Beklagte für den Fehler ihrer Mitarbeiter nicht einstehen.

Hier offenbart sich eine Besonderheit, wenn ein Kran mit Personal zur Ausführung von Kranarbeiten beauftragt wird. Unter Umständen kann es tatsächlich dazu kommen, dass ein Kranunternehmen nicht für seine zur Verfügung gestellten Mitarbeiter einzustehen hat, selbst wenn diese den Fehler verursacht haben. Die Haftung hängt von zahlreichen verschiedenen Umständen ab, auf welche es bei der vertraglichen Beauftragung einer Krangestellung mit Bedienpersonal und insbesondere bei der Abwehr oder Geltendmachung von Schäden ankommt.

Wenn beispielsweise der Kran und das Personal vollständig in die Obhut und Weisungsbefugnis des Kran-Mieters übergeben wird, dann kann unter Umständen angenommen werden, dass diese nicht (mehr) Erfüllungsgehilfen des Kran-Vermieters sind und er infolgedessen nicht (mehr) für ein Fehlverhalten von diesen einzustehen hätte.

Das Urteil

In dem vorliegenden Fall entschied das Gericht zu Gunsten des klagenden Kran-Mieters und hat der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Das Gericht nahm einen Vertrag eigener Art (sui generis) an, der durch die Vereinbarungen der Parteien bestimmt wird. Den mietrechtlichen Teil des Vertrages legte das Gericht so aus, dass die Beklagte verpflichtet ist, für jeden Einsatz des Krans einen mangelfreien Kran zur Verfügung zu stellen. Es reicht nicht aus, wenn der Kran nur zu Beginn des Vertrages mangelfrei gewesen ist. Aufgrund der fehlerhaften Seilführung war das Gericht davon überzeugt, dass der Kran zum Einsatz am Unfalltag nicht ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt wurde. Daraus ergibt sich grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zugunsten der Kran-Mieterin.

Das Gericht gelangte zu der Auffassung, dass die beklagte Kran-Vermieterin auch für die fehlerhafte Seilführung durch die von ihr abgestellten Mitarbeiter einzustehen hat. Ein Leiharbeitsverhältnis kann nicht vorliegen, weil das von ihr abgestellte Kran-Bedienpersonal nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert wurde und nicht den Weisungen der Mieterin unterlag. Denn der Kran wurde nicht vollständig zur Gebrauchsüberlassung an die Mieterin übergeben. Vielmehr hat sich die Kran-Vermieterin verpflichtet, den Kran in der jeweils benötigten Ausstattung zu den einzelnen Arbeitsterminen zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgte durch das von ihr bereitgestellte Bedienpersonal. Die Klägerin hatte darauf keinen Einfluss, weshalb das Bedienpersonal des Krans nicht ihr Erfüllungsgehilfe werden konnte, sondern weiterhin der beklagten Kran-Vermieterin zuzurechnen war. Deswegen haftete das beklagte Kranunternehmen auf Schadensersatz in voller Höhe.

Kommentar

Das Gericht hatte der Klägerin im vorliegenden Fall den Schadensersatzanspruch zu Recht zugesprochen. Das beklagte Kranunternehmen hatte die Obhut über den Unfallkran nicht aus der Hand gegeben. Das Bedienpersonal des Krans wurde von ihr zur Verfügung gestellt. Die klagende Mieterin konnte zwar den zeitlichen Ablauf auf der Baustelle vorgeben, im Hinblick auf die technische Durchführung für einen ordnungsgemäßen Kranbetrieb konnte sie dem Bedienpersonal aber keine Vorgaben machen.

Bei der Überlassung von Kränen mit Bedienpersonal ist für beide Seiten Vorsicht geboten. Kleine Fehler können schnell zu großen Schäden führen. Bereits bei der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, welche Vereinbarungen getroffen werden, die sich auf die Obhut und die Weisungsrechte über den Kran und das Bedienpersonal auswirken können. Diese können bei der Geltendmachung oder der Abwehr von Haftpflichtansprüchen bei Schäden von entscheidender Bedeutung sein.

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