Sachverhalt

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus Anlass der Rücküberführung eines verunfallten Pkw aus der Türkei nach Deutschland. Der Kläger ist Mitglied beim beklagten Automobilclub. Als Teil der Leistungen für ihre Mitglieder bot die Beklagte den Rücktransport von Pkw an, falls diese fahruntüchtig werden.

Der Kläger brachte nach einem Unfall seinen Pkw in die nächstgelegene Fachwerkstatt. Die Beklagte organisierte den Transport zum Zoll in Ankara. Nach Rücksprache mit der Beklagten fand der Kläger sich dort ein, um die notwendigen Formalitäten zu erledigen. Bei dieser Gelegenheit legte der Kläger auch Gepäck ins Fahrzeug. Ca. drei Wochen später übernahm das beauftragte Transportunternehmen den Pkw. Es lieferte den Pkw Anfang Oktober 2016 an eine Werkstatt aus.  ein Werkstattmitarbeiter quittierte angeblich die Übernahme, ohne Mängel oder Schäden zu vermerken. Als Datum der Ablieferung wurde der Tag der deutschen Einheit, der 3. Oktober 2016, angegeben.

Einige Tage später inspizierte der Kläger selbst den Pkw. Er stellte einen Schaden am Dach des Pkws fest und bemängelte den Verlust verschiedener Wertgegenstände. Dies wurde der Beklagten telefonisch und schriftlich gemeldet. Der Kläger rügt, der Werkstattmitarbeiter hätte gar nicht bewerten können, ob der Pkw auf dem Transport einen Schaden erlitten hätte, da ihm der Zustand bei Verladung unbekannt gewesen sei. Das Ablieferdatum sei falsch, da die Werkstatt am Feiertag selbstverständlich geschlossen gewesen sei. Der Ablieferquittung komme daher keinerlei Beweiswert zu. Schäden am Dach seien aufgrund starker Verschmutzung erst nach einer Reinigung erkennbar gewesen.

Der Beklagte wehrte sich gegen ihre Inanspruchnahme. Eine vertragliche Verpflichtung zur Fahrzeugrückführung habe nicht bestanden. Diese sei rein aus Kulanzerwägungen erfolgt. Der Kläger sei überdies darauf hingewiesen geworden, dass er keine persönlichen Gegenstände im Pkw belassen dürfe; andernfalls hätten Probleme bei der Zollabfertigung gedroht. Mögliche Ansprüche seien aufgrund einer fehlenden form- und fristgerechter Schadensmeldung ausgeschlossen.

Mehr als ein Jahr nach der erfolgten Ablieferung erhob der Geschädigte Klage zum Landgericht Stuttgart.

Entscheidung

Die Klage hatte teilweise Erfolg.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens am Pkw zu. Weitergehende Ansprüche für den Verlust der Wertgegenstände bestehen hingegen nicht, da die Beklagte für ein etwaiges Fehlverhalten des Fahrers nicht einzustehen habe.

Der abgeschlossene Versicherungsvertrag verpflichtet die Beklagte zur Rücksichtnahme. Dies beinhaltet einen sorgfältigen Umgang mit dem Pkw während der Fahrzeugüberführung. Ein Verschulden des ausführenden Fuhrunternehmers wird der Beklagten nach § 278 BGB zugerechnet. Das Fuhrunternehmen ist dabei als ihr Erfüllungsgehilfe bei der Fahrzeugrückführung anzusehen. Die Beklagte hat entgegen ihrer Behauptung nicht aus reiner Gefälligkeit gehandelt.

Dies ergäbe eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der Versicherungsbedingungen. Ein verständiger Versicherungsnehmer könne dies nur so verstehen, dass die Beklagte verantwortlich sei. Diese habe die gesamte Organisation des Rücktransports übernommen.

Hierfür sprächen überdies die tatsächlichen Abläufe. Der Kläger habe zu das Fuhrunternehmen nicht ausgesucht und zu diesem keinen direkten Kontakt gehabt. Er habe keine Frachtdokumente ausgestellt, was üblicherweise der Vertragspartner des Fuhrunternehmers machen würde. Die Beklagte werde auch im Ablieferbeleg als Empfänger genannt.

Die Beklagte könne aus dem Ablieferbeleg keine für sie günstigen Rechtsfolgen herleiten. Das Dokument begründe allenfalls eine Vermutung, dass der Pkw schadensfrei bei der Werkstatt abgeliefert worden sei. Das Gericht ist aufgrund der Umstände (Ablieferdatum 3. Oktober 2016!) davon überzeugt, dass das Dokument falsch sei.

Ein Anspruch auf Schadensersatz für die im Pkw befindlichen Wertgegenstände wurde vom Gericht jedoch abgelehnt. Die Beklagte hafte nicht für einen angeblichen Diebstahl bei Gelegenheit durch den Fahrer.

Aufgrund der Anweisung, keine persönlichen Wertgegenstände im Pkw zu verstauen, sei diesbezüglich kein Vertrag zu Stande gekommen. Der Fahrer habe lediglich eine günstige Gelegenheit genutzt, um die Gegenstände zu entwenden. Dies stelle die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos – hier: ggfs. bestohlen zu werden — dar.

Kommentar

Eine interessante, wenn auch etwas komplizierte und dadurch nicht immer überzeugende Entscheidung des LG Stuttgart. Bei einem grenzüberschreitenden Straßentransport dürften vorrangig die Regelungen der CMR zur Anwendung kommen, welche in ihrem Anwendungsbereich den Rückgriff auf das nationale Recht sperrt. Die CMR hat u. a. eigene Regelungen zur Berechnung der Haftung, der Zurechnung des Verschuldens sowie einer etwaigen Verjährung. Insbesondere der letzte Punkt wurde von Beklagtenseite offensichtlich übersehen.

ILO — International Law Office

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache herausgegeben von und zuerst veröffentlicht auf www.internationallawoffice.com.

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