Die globale Mobilität von Menschen hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, Flugreisen haben sich demokratisiert, und immer häufiger reisen Tiere als Begleiter mit. Mit der weltweiten Mobilität erhöhen sich aber auch die Risiken für die lokale Flora und Fauna. Reisende Heimtiere können unbemerkt Krankheitserreger und Schädlinge einschleppen. Dies ist ein ernsthaftes Risiko für die heimische Fauna des Reiseziels, aber auch für die öffentliche Gesundheit, da Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können, als „blinde Passagiere“ unbemerkt mit dem Tier einreisen können. Paradebeispiel hierfür ist die gefürchtete Einschleppung der Tollwut.
Um diesem Risiko für Mensch und Tier zu begegnen, haben fast alle Länder Einreisebestimmungen für Tiere, und für bestimmte Situationen sogar Quarantänevorschriften festgelegt. Die Vorschriften variieren weltweit stark, und sind je nach Herkunfts- bzw. Einreiseland mehr oder weniger streng.
Länder wie Australien, Neuseeland und Japan beispielsweise haben sehr strenge Regelungen, die selbst bei gängigen Haustieren wie Katzen und Hunden eine Quarantäne verlangen. Innerhalb der EU sind die Vorschriften oft weniger restriktiv, insbesondere wenn das Tier aus einem Land mit geringem Krankheitsrisiko stammt und über alle erforderlichen Impfungen verfügt.
Dieser Blogbeitrag soll einen kurzen Überblick über die europäischen Regelungen rund um mitreisende Heimtiere geben, d.h. Tiere, die aus privaten und nicht kommerziellen Gründen innerhalb der europäischen Gemeinschaft die Grenze überqueren oder aus einem Drittstaat kommend in die europäische Gemeinschaft einreisen.
Rechtsgrundlage in Europa
Die grenzüberschreitenden Handels- und Transportvorschriften für Tiere innerhalb der EU sind grundsätzlich in der Verordnung „Tiergesundheitsrechts-VO (Verordnung (EU) 2016/429 vom 9. März 2016) sowie den dazu ergangenen Delegierten Verordnungen (wie die Delegierte VO 2020/688 vom 17. Dezember 2019 hinsichtlich Tiergesundheitsanforderungen an Verbringungen von Landtieren und Bruteiern innerhalb der Union) geregelt.
Für bestimmte Heimtiere, die nicht zu Handelszwecken reisen, sieht die „Heimtiertransport-VO“ (Verordnung (EU) Nr. 576/2013 vom 12. Juni 2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken),ergänzt durch die „Bandwurm-VO“ (Delegierte Verordnung der Kommission (EU) 2018/772 vom 21. November 2017 hinsichtlich präventiver Gesundheitsmaßnahmen zur Kontrolle von Bandwurminfektionen (Echinococcus-multilocularis) bei Hunden), spezielle Vorschriften vor. Zwar ist diese Heimtiertransport-VO 576/2013 zum 20. April 2021 durch Artikel 270 Abs. 2 der Tiergesundheitsrechts-VO 429/16 aufgehoben worden, nach deren Artikel 277 gelten allerdings die Vorschriften der Heimtiertransport-VO noch bis zum 21. April 2026 als Übergangsmaßnahmen weiter.
Erklärtes Ziel der „Heimtiertransport-VO“ ist der (1) Schutz der öffentlichen Gesundheit und (2) Schutz der Gesundheit von Heimtieren. Dadurch, dass ein ausreichend sicherer Rechtsrahmen mit klaren Regeln geschaffen ist, wird nicht nur der Ausbreitung von Tierseuchen und Zoonosen vorgebeugt, sondern auch das Reisen mit Heimtieren erleichtert und rechtssicher und damit planbar gemacht.
Es geht in diesem Beitrag tatsächlich nur um private Reisen, also nicht solche, bei denen Tiere deswegen eine Grenze überqueren müssen, weil sie in fremde Hände abgegeben werden sollen (also im rechtlichen Sinne den Eigentümer wechseln sollen) oder Schlimmeres. Tierverbringungen zu Handelszwecken fallen nicht unter diese Verordnungen und werden in diesem Blogbeitrag nicht behandelt.
Welche Tiere regelt die „Heimtiertransport-VO“?
Es wird zwischen zwei verschiedenen Kategorien von Heimtieren getrennt.
Anhang 1 Teil A erfasst die für Tollwut in Europa besonders empfänglichen Tierarten Hund, Katze und Frettchen, die die größte Gruppe an mitreisenden Haustieren darstellt. Medizinisch betrachtet können zwar alle Säugetiere einschließlich Mensch Tollwut bekommen, reisen aber nicht alle regelmäßig im Flugzeug!
Anhang I Teil B erfasst wirbellose Heimtiere (mit Ausnahme von Bienen und Hummeln, Weich- und Krebstieren, die jeweils unter spezifische Regeln fallen), zu Zierzwecken gehaltene Wassertiere, Amphibien und Reptilien sowie bestimmte Vogelarten. Außerdem erfasst sind bestimmte Säugetiere, die nicht in einem epidemisch bedeutsamen Ausmaß von Tollwut betroffen sind, und die, wenn sie denn nicht als Haustiere gehalten würden, anderen Rechtsvorschriften unterfielen (z.B. Lebensmittelerzeugung). Dies sind Nagetiere und Kaninchen.
An dieser Stelle dürfen sich alle Leser fragen, warum Kaninchen keine Nagetiere sind, und was der Unterschied zwischen Reptilien und Amphibien ist. Kleiner Wissenstest und Gesprächsstoff für das nächste Treffen unter Kollegen am Kaffeeautomaten oder beim nächsten Abendessen im Familienkreis.
🐾 Was muss ich beachten, wenn mein Hund, meine Katze oder mein Frettchen (oder alle drei gemeinsam) mit mir auf Reise gehen? 🐾
Zunächst ist zu beachten, dass im Regelfall die Reiseerlaubnis für Hunde, Katzen und Frettchen auf 5 Tiere pro Halter beschränkt ist, um einem leider immer wieder vorkommenden Missbrauch der nichtkommerziellen Regeln durch falsche Behauptungen, man reise nicht für Handelszwecke, vorzubeugen. Von dieser zahlenmäßigen Begrenzung sind bei Nachweis Reisen zu Sportveranstaltungen, Wettbewerben oder Ausstellungen ausgenommen, wenn die Tiere älter sind als 6 Monate.
Bei Verstoß gegen diese Vorschrift gelten die Regeln für den Handel mit Tieren gemäß Richtlinie 92/65/EG bzw. die jeweiligen nationalen Regeln.
Reiseregelungen für Hunde, Katze und Frettchen im Einzelfall
Reisen von Heimtieren innerhalb der EU
Heimtiere der in Anhang I Teil A genannten Arten dürfen nur aus einem Mitgliedstaat in einen anderen verbracht werden, wenn sie
- gechipt sind oder vor dem 3. Juli 2011 tätowiert wurden
- eine ordnungsgemäße Immunisierung gegen Tollwut erhalten haben
- ggf. sonstige artspezifische vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen zur Vorbeugung anderer Krankheiten oder Infektionen als Tollwut erfüllen (wie Entwurmung beim Hund zur Vermeidung des Fuchsbandwurm als unerwünschten Gast)
- die Halter einen gültigen EU-Heimtierausweis für das Haustier mit sich führen, in dem die Mikrochip-Nummer oder die Tätowierung eingetragen ist (europäisches Standardmodell)
Dieser EU-Heimtierausweis gilt tatsächlich nur für Tiere des Teil A (Hunde, Katzen, Frettchen), nicht aber für die Tiere im Teil B. Für letztere müssen die nationalen Vorschriften geprüft werden.
Einreisen von Heimtieren von außerhalb der EU
Heimtiere der in Anhang I Teil A genannten Arten dürfen nur aus einem Gebiet oder Drittland in einen Mitgliedstaat (EU) einreisen, wenn sie
- gechipt sind oder vor dem 3. Juli 2011 tätowiert wurden
- eine ordnungsgemäße Immunisierung gegen Tollwut erhalten haben
- ggf. sonstige artspezifische vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen zur Vorbeugung anderer Krankheiten oder Infektionen als Tollwut erfüllen
- zusätzlich Impfpapiere sowie der Befund des notwendigen Bluttests (Tollwutantikörpertest) vorliegt
- die Halter eine gültige amtliche Veterinärbescheinigung, die sog. EU-Tiergesundheitsbescheinigung, für das Haustier mit sich führen, in dem die Mikrochipnummer oder die Tätowierung eingetragen ist (europäisches Standardmodell)
Was haben Hund, Katze, Frettchen und Bandwurm miteinander zu tun?
Die Infektion des Menschen mit dem Bandwurm Echinococcus multilocularis gilt als eine der gefährlichsten und bedrohlichsten Parasitenerkrankungen des Menschen (Zoonose) in nichttropischen Gebieten. Hunde können sich wie Füchse über infizierte Nagetiere (Mäuse, Ratten etc.) mit dem Bandwurm infizieren und Endwirt sein.
Es gibt Länder wie Finnland, Irland, Malta und dem Vereinigten Königreich, die noch frei von dem Bandwurm sind und es verständlicherweise auch bleiben möchten. Kann ein Land nachweisen, dass seine Wildtierpopulation frei von dem Befall mit Echinococcus multilocularis ist, darf es sonstige vorbeugenden präventive Gesundheitsmaßnahmen einführen. Daher müssen in diese Länder mitreisende Hunde vorher vom Tierarzt rechtzeitig und nachweislich entsprechend entwurmt werden. Die VO schließt Katzen und Frettchen nicht ein, da diese anscheinend keine (Frettchen) oder keine wesentlichen (Katze) Überträger sind.
Dies sollte allerdings nicht davon abhalten, seine felinen Hausherren und Hausdamen (v.a. Freigängerkatzen) vorsichtshalber auch im eigenen Interesse regelmäßig zu entwurmen!
Einreiseort
Heimtiere aus Drittländern dürfen überdies nur über bestimmte Flughäfen oder Häfen einreisen, der in der Liste der Einreiseorte in der Bundesrepublik Deutschland aufgeführt sind (Webseite des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft BMEL.de/Rubrik Liste Einreiseorte“). Von dieser Vorschrift ausgenommen sind Heimtiere, die mit ihrem Menschen aus Andorra, der Schweiz, Färöer, Gibraltar, Grönland, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino und dem Vatikan einreisen.
Für registrierte Militär- oder Such- und Rettungshunde gelten Ausnahmeregeln; sie dürfen auf Antrag auch an anderen Stellen einreisen.
Sanktionen
Die Sanktionen legen die Mitgliedsstaaten selbst fest (Art. 42 Heimtiertransport-VO); sie sollen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Verstöße werden tatsächlich mit harten Sanktionen geahndet. Die Regeln sollten strikt befolgt werden, und im Zweifel fragt man lieber zweimal vor Reiseantritt nach.
Das betreffende Tier kann kostenpflichtig in das Herkunftsland zurückgeschickt werden, es kann – auch für mehrere Monate- in Quarantäne genommen werden (was das Tier der Isolation und damit großem Stress und Angst aussetzt), und es kann schlimmstenfalls auf Anordnung der Behörde hin eingeschläfert werden.
Eigene Regelungen der Luftgesellschaften für Tiere
Die Luftgesellschaften warnen (zu Recht), dass sie keine Tiere an Bord akzeptieren, dessen Halter die gesetzlichen Reisevorschriften nicht beachten. Die eigenen Regelungen der einzelnen Fluggesellschaften müssen vor Antritt der Reise sorgfältig gelesen und beherzigt werden, da alle Kosten, die im Zusammenhang mit der rechtmäßigen Zurückweisung eines Tieres vor dem Boarding von dem Halter getragen werden müssen.
Zu beachten ist auch, dass Luftgesellschaften in ihren AGB verschiedenen Tierrassen, die besonders stressanfällig sind oder anatomisch bedingt vermehrt Atemschwierigkeiten haben, teilweise gar nicht transportieren oder diese nur unter besonderen Bedingungen (zum Beispiel nur in größeren Transportboxen und somit mehr Luft zum Atmen) mitreisen dürfen.
Die IATA hat spezielle Leitlinien für die Transportboxen für reisende Tiere entwickelt, die auf der IATA Seite abrufbar sind. Grundsätzlich gilt, dass die Tiere in ihrem Käfig bequem aufstehen, sich umdrehen und liegen können müssen.
Nicht alle Fluggesellschaften akzeptieren Tiere in der Kabine. Es ist wichtig, sich vorab gut bei der ausgewählten Fluggesellschaft zu erkundigen, welche Tiere bis zu welchem Höchstgewicht in der Kabine oder aber nur im Frachtraum transportiert werden dürfen, unabhängig davon, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Manche Luftgesellschaften akzeptieren generell keine Tiere, weder in der Kabine noch im Frachtraum.
Oft sind nur bestimmte Flüge für Tiere freigegeben und auf den Flügen nur eine Anzahl an Plätzen für mitreisende Tiere.
Also lieber rechtzeitig bei der ausgewählten Fluggesellschaft Erkundigungen einholen, ob auf dem geplanten Flug das mitreisende Tier in der Kabine erlaubt ist und ob noch ein Platz frei ist.
Praktische Regeln für die Reise von Heimtieren
Die Quarantäne- und Reisevorschriften für Tiere bei Flugreisen sind komplex und variieren je nach Zielland, Tierart und Fluggesellschaft. Es ist angesichts der Vielzahl der gesetzlichen Regelungen und Vorschriften der einzelnen Fluggesellschaft entscheidend, sich frühzeitig über die spezifischen Anforderungen des Ziellandes und der Fluggesellschaft zu informieren und alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine reibungslose und sichere Reise zu gewährleisten.
Sind diese Regelungen nun Schutz oder Hindernis?
Regelungen und damit einhergehend Gebote und Verbote sind notwendig, um das Tierwohl und die öffentliche Gesundheit zu schützen. Sie ermöglichen durch einen festen Rechtsrahmen gleichzeitig die Planbarkeit einer Reise mit dem Haustier, was Stress bei Mensch und Tier etwas reduziert.
Insofern könnte man sicherlich diese Regelungen als notwendiges Hindernis zum Schutz des Tieres und seines Menschen ansehen.
Gute Reise und kommen Sie alle gesund an!