Auch wenn es bei der Frage der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung in Frachtverträgen meist um die Beschädigung und den Verlust der Ladung geht, darf das als Verpackung dienende Transportmittel nicht außer Acht gelassen werden.

Unter dem Motto “Risiko Carrier owned Container” fand am 5. und 26. August 2020 die ASD ExeQtive Lounge der ASD Praxisgruppe TAL (Transportation, Aviation & Logistics) statt.

Carrier Owned und Shipper Owned Container

Da die Begriffe COC (Carrier Owned Container) und SOC (Shipper Owned Container) zwar in die richtige Richtung weisen, aber das tatsächliche Eigentum für die Beantwortung der Frage der rechtlichen Risikoverteilung zwischen Absender und Carrier unerheblich ist, müssen die Begriffe kurz definiert werden.

Als COC-Container wird dabei ein Container bezeichnet, der im Eigentum des Carriers steht oder von diesem geleast wird, um Güter zu transportieren, indem sowohl der Container als auch der Transportdienst dem Absender zur Verfügung gestellt werden.

Der SOC-Container ist im frachtvertraglichen Verhältnis vom Absender zum Carrier hingegen als „Stückgut“ zu betrachten. Inhalt des Frachtvertrages ist hier die Ortsveränderung, nicht aber die Stellung des Transportmittels.

Wirtschaftliche Faktoren

Die Nutzung von COC-Containern ist für eine effiziente Transportkette unerlässlich. Allein die Rückholung von Leercontainern ist so aufwendig, dass sich die Anschaffung eigener Container für die meisten Absender nicht, beziehungsweise nur in Ausnahmefällen lohnt.

Zwar besteht auch die Möglichkeit, SOC-Container über eine Containerleasing-Gesellschaft zu beziehen, doch führt dies in der Regel nur zu einer Verlagerung der Problematik.

So darf bei der Verwendung von SOC-Containern, unabhängig davon, wer die Container tatsächlich stellt, nicht vergessen werden, dass Carrier zumeist auf eine aktuelle Zertifizierung des Containers bestehen und dass der Carrier im Schadensfall stets behaupten wird, dass der SOC-Container zumindest mit schadensursächlich sei.

Hauptargument für die Verwendung von SOC-Containers ist zumeist die Reduzierung des Demurrage-Risikos. Verkürzt geht es darum, dass, sollte der Absender bzw. Empfänger den Container nicht an den Carrier zurückgeben, kann Letzterer keine Demurrage im Fall einer verspäteten Rückgabe verlangen.

Sieht ein Projekt beispielsweise vor, dass eine große Anzahl an Containern in einen Staat verbracht werden, von dem bekannt ist, dass sich die Zollabwicklung über Wochen und Monate hinweg erstrecken kann, kann es durchaus sinnvoll sein, dass sich der Absender für die Verwendung von SOC-Containern mit einer vergleichsweise niedrigen Leasingrate entscheidet.

Demurrage: Gibt es eine Begrenzung des Anspruchs?

Um das zuvor beschriebene Demurrage-Risiko zu veranschaulichen, ist es hilfreich, dieses an einem konkreten Beispiel zu errechnen.

Geht man von einer Sendung mit 60 Containern, einer Demurrage-Rate von USD 110 pro Tag und von 90 Tagen verspäteter Rückgabe aus, liegt der Demurrage-Anspruch des Carriers bei knapp unter USD 600.000,00 und steigt mit jedem Tag der Verzögerung weiter. Hätte der Absender hingegen den Transport mit eigenen SOC-Containern organisiert und die Container auf Basis ihres Zeitwertes abgeschrieben, läge der Schaden bei maximal UDS 150.000,00. Auch führte in diesem Fall eine weitere Verzögerung nicht dazu, dass der Schaden weiter ansteigt.

Zwar ist die vorgenannte Überlegung durchaus richtig, aus ihr folgt aber nicht, dass, sollte sich der Absender für die Nutzung von COC-Containern entschieden haben und sich einer horrenden Demurrage-Forderung des Carries ausgesetzt sehen, er der Forderung nicht entgegentreten kann.

Unklare Rechtslage in Deutschland

Zwar gibt es in Deutschland keine abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Rechtmäßigkeit von Demurrage-Ansprüchen bzw. deren Begrenzung und auch die deutsche Literatur ist sich nicht darüber einig, ob es sich bei der Demurrage um einen Mietzins, einen Aufwendungsersatzanspruch oder eine Vertragsstrafe handelt, doch gibt es einen Ansatz der englischen Rechtsprechung, der sich unter den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Schadensminderungsobliegenheit des Carriers (§ 254 BGB) auf das deutsche Recht übertragen lässt.

Rechtslage in England

In seiner Entscheidung “MSC vs Cottonex Anstalt” hat der England and Wales Court of Appeal im Jahr 2016 entschieden, dass MSC den Demurrage-Anspruch nur bis zum Zeitpunkt des Kaufangebots für die Container durch Cottonex Anstalt geltend machen durfte und danach auf die Geltendmachung des Zeitwertes der Container beschränkt war.

Der Court of Appeal argumentierte, dass zum Zeitpunkt des Kaufangebots der Container durch Cottonex Anstalt die weitere Erfüllung des Frachtvertrages wirtschaftlich sinnlos geworden war und dass das weitere Festhalten am Vertrag treuwidrig wäre.

Dies gelte insbesondere deshalb, weil selbst, wenn die Nichtrückgabe der Container MSC von der Erfüllung künftiger Aufträge hätte abhalten können, jeder vernünftige Carrier sich Ersatzcontainer beschaffen würde.

Schlussfolgerungen für das deutsche Recht

Übertragen auf das deutsche Recht besteht für den Absender also die Möglichkeit, dem Carrier anzubieten, diesem die Container zum Zeit-/ Marktwert und ggf. zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr abzukaufen, wenn erkennbar wird, dass das der Demurrage-Anspruch den Zeit-/ Marktwert der Container zu übersteigen droht.

Der Carrier muss sich fragen lassen, ab wann es ihm zuzumuten ist, einen Ersatzcontainer zu beschaffen. Der Sinn und Zweck des Containerstandgeldes, die Verfügbarkeit der Container zu sichern, ist spätestens dann, wenn er die alten Container ver- und neue Container ankaufen kann, nicht mehr gegeben.

Mit der Welt teilen